Locher kritisiert den «Staatsstreichversuch» im Kanton Bern

Mit dem Vorgehen der öffentlichen Spitäler werden Regierung und Grosser Rat umgangen, die ja eigentlich das Sagen hätten. Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher übt harsche Kritik.

, 5. Mai 2023 um 10:21
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«Die Neuordnung des Gesundheitssystems von den Spitälern her zu denken ist der falsche Ansatz», sagt der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher. | zvg
Er war Delegierter des Regierungsrates des Kantons Bern für Planung, Bau und Betrieb von Spitälern, Schulen und Heimen; später war er Generalsekretär der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern, dann mit gleichen Aufgabenstellungen Partner bei PWC und von 2001 bis 2020 wirkte Heinz Locher als selbstständiger Berater in den Bereichen Entwicklung und Regulierung des Gesundheitssystems.

Das nicht mehr geheime Geheimpapier

Kaum einer kennt die Berner Spitallandschaft so gut wie der 79-jährige Gesundheitsökonom. Den Inhalt des Geheimpapiers von PWC, das mittlerweile nicht mehr geheim ist, bezeichnet er als einen «Staatsstreichversuch».
Wie hier berichtet, soll das Berner Universitätsspital Insel als «Anker» für den ganzen Kanton dienen und neben der hochspezialisierten Medizin auch verstärkt in der Grundversorgung tätig sein.
Die übrigen Spitäler würden zurückgestutzt. Statt sechs gäbe es nur noch vier Regionen. Ausgerechnet die öffentlichen Spitäler des Kantons haben dem Beratungsunternehmen PWC das Konzept in Auftrag gegeben.
Die Neuordnung des Gesundheitssystems von den Spitälern her zu denken sei der falsche Ansatz, sagt Locher. Richtig wäre es, von der Grundversorgung in den Regionen her zu denken. Also bottom-up statt top-down. Es sei daher schwer verständlich, so Locher, dass die Spitaldirektoren dazu Ja sagten.

Kein Langenthaler geht nach Burgdorf ins Spital

Laut Locher limitiere die Begrenzung auf öffentliche und öffentlich beherrschte Spitäler das Spektrum möglicher Lösungen und führe zu fragwürdigen Konstrukten. Der Zusammenschluss von Burgdorf und Langenthal bezeichnet er als Lachnummer. Kein Langenthaler gehe freiwillig nach Burgdorf. Entweder bleibe er für die Spitalbehandlung im Oberaargau oder dann gehe er nach Bern.
Und dann gibt es auch den Artikel 21 des Spitalversorgungsgesetzes. Dort steht, dass der Kanton an den jeweiligen Regionalen Spitalzentren kapital- und stimmenmässig die Mehrheit besitzt. «Wenn schon grundsätzlich gehandelt werden soll, dann muss der fatale Artikel 21 Absatz 2 des Spitalversorgungsgesetzes aufgehoben werden», sagt Locher.

Der Grosse Rat wird ausgehebelt

Doch mit dem Vorgehen der öffentlichen Spitäler werden Regierung und Grosser Rat umgangen, die ja eigentlich das Sagen hätten. Deshalb eben der Staatsstreichversuch.
«Faktisch würde der Kanton einen grossen Teil seiner regulatorischen Befugnisse an den Verwaltungsrat des Inselspitals delegieren. Dieser wäre massiv überfordert, der Grosse Rat hingegen weitestgehend ausgeschaltet», sagt Locher.
Zudem bemängelt der Gesundheitsökonom, dass die im Raum Bern für die Versorgung wichtigen Privatspitäler nicht in die Überlegungen einbezogen wurden. Daran stört sich auch der Verband der Privatspitäler des Kantons Bern (VPSB). Medinside berichtete hier darüber.
«Irritierend ist für uns, dass wir in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt in die Erarbeitung der Ideen involviert waren», sagt Verbandspräsident Matthias Güdel in einer Medienmitteilung. Und er macht keinen Heel daraus, dass er persönlich wie auch die Mitglieder des VPSB über das Vorgehen des Verbandes der öffentlichen Spitäler sehr erstaunt sind.
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