Krankenkasse wehrt sich gegen Kritik am Telemedizin-Modell

Die Concordia verrechnet Telemedizin-Konsultationen. Das ist unüblich. Doch die Kasse erklärt, warum es gerechter ist.

, 24. Mai 2023 um 06:37
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Der Hauptsitz der Concordia-Versicherung in Luzern. | zvg
Wer bei der Concordia das Telemedizin-Modell «Smartdoc» abschliesst, muss bei einem medizinischen Problem immer zuerst Kontakt mit der digitalen Gesundheitspraxis Medgate aufnehmen.

«Ein Modell mit Haken»

Das Modell habe aber einen Haken, kritisiert die Konsumentenzeitschrift «Saldo»: «Concordia stellt die Beratung durch einen Arzt in Rechnung.» Eine Versicherte habe das zu spät gemerkt und sei erstaunt gewesen, dass ihr die Krankenkasse für den telemedizinischen Rat Fr. 59.25 in Rechnung stellte.

Alles rechtmässig

Die Krankenkasse handelt völlig legal. Denn die Concordia schreibt beim «Smartdoc»-Modell ausdrücklich: «Wie beim Besuch in der Arztpraxis sind auch die telemedizinischen ärztlichen Konsultationen kostenpflichtig.»

Concordia nennt den Preis

Die Krankenkasse legt ausserdem die Tarife offen: «An Werktagen kostet eine Telekonsultation tagsüber im Durchschnitt 50 Franken. Nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen fallen Zuschläge an.» Unschön ist einzig, dass es viele Krankenkassen gibt, welche die medizinische Beratung am Telefon in ihren Sparmodellen gratis anbieten.

...aber verursachergerecht

Für die Concordia ist das allerdings nicht unschön, sondern verursachergerecht. Concordia-Sprecher Manuel Bamert begründet das gegenüber Medinside: Würde die Concordia die telefonischen Erstkonsultationen nicht verrechnen, obwohl die Patienten eine ärztliche Leistung in Anspruch genommen haben, müssten die Kosten von allen Versicherten getragen werden – schliesslich gebe es keine kostenlosen medizinischen Leistungen.

Auch beim Hausarzt kostet es

«Erstkonsultationen sind auch in einem konventionellen Hausarztmodell für die Versicherten nicht kostenlos», argumentiert Manuel Bamert des Weiteren. Die Abrechnung für «Smartdoc»-Versicherte via Tarmed sei transparent. «Die versicherte Person bezahlt nur, wenn sie auch wirklich ein medizinisches Anliegen hat», sagt Bamert.

Weniger Prämien

Die Concordia glaubt, dass telemedizinische Konsultationen in vielen Fällen physische Konsultationen ersetzen würden. Die Versicherten könnten zudem vom Modell profitieren, weil sie weniger Prämien zahlen als im Hausarzt- oder im traditionellen Modell.

App ist gratis

Bamert verweist auch auf ein weiteres Angebot, das beim «Smartdoc»-Modell gratis ist: eine App mit Symptom-Checker, der den Versicherten eine Empfehlung erteilt, ob eine physische, eine telemedizinische oder gar keine Konsultation erforderlich ist.

Viele Krankenkassen verlangen nichts

Derzeit bieten die meisten Krankenkassen ihre Telemedizin-Modelle mit einer Gratis-Erstkonsultation an. Wie die Concordia haben zum Beispiel folgende Kassen einen Vertrag mit Medgate, allerdings übernehmen sie im Gegensatz zur Concordia die Kosten bei folgenden Versicherungsmodellen: ÖKK Casamed Select, Sanitas Callmed und Compact One, Sympany Callmed 24 und Flexhelp 24.
Auch bei vielen Kassen, die einen Vertrag mit Medi24 haben, ist die erste Konsultation gratis; allerdings kümmert sich nicht unbedingt ein Arzt um das Anliegen, sondern eine «Fachperson». Zu diesen Versicherungsmodellen gehören etwa CSS Callmed, Helsana Benefit Plus, Visana Combicare, Groupe Mutuel Primaflex und KPT win.win.
Zudem ist der Rat des Telemedizin-Anbieters Santé24 von Swica im Telemed-Modell gratis.

  • versicherer
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