Unfaire Behandlung? Beim Herzstillstand spielt das Geschlecht eine Rolle

Eine grosse Schweizer Studie zeigt bedenkliche Unterschiede: Frauen kommen nach einem Herzstillstand seltener auf die Intensivstation, werden laxer behandelt und sterben eher als Männer.

, 27. Januar 2025 um 11:35
letzte Aktualisierung: 21. Februar 2025 um 07:58
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Symbolbild: Rhand McCoy / Unsplash
Wenn Frauen einen Herzstillstand erleiden, dann haben sie schlechtere Chancen als Männer: Diese Tendenz wurde schon mehrfach festgestellt oder zumindest angedeutet. Ein Schweizer Mediziner- und Forscher-Team ging nun der Folgefrage nach, die da lautet: Gibt es bei der Betreuung dieser Patientinnen und Patienten im Spital Unterschiede? Und wie es dabei insbesondere auf den Intensivstationen aus?
Die Untersuchung wurde geleitet von Simon A. Amacher und Caroline E. Gebhard, die als Intensivmediziner am Universitätsspital Basel tätig sind.
Das Team wertete die Daten von 41’700 hospitalisierten Personen aus, wovon 21’700 auf Intensivstationen behandelt worden waren. Am Ende ergaben die Zahlen deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede bei entscheidenden Kennzahlen:
  • Die Aufnahmequote der Frauen auf Intensivstationen war tiefer,
  • die Sterblichkeit war höher,
  • die Behandlungsmassnahmen nach einer Wiederbelebung waren weniger fortschrittlich beziehungsweise ausführlich.
  • Und entsprechend waren die Aufenthalte von Frauen in der Intensivstation kürzer als jene von Männern.
  • Simon A. Amacher, Tobias Zimmermann, Pimrapat Gebert, Pascale Grzonka, Sebastian Berger, Martin Lohri, Valentina Tröster, Ketina Arslani, Hamid Merdji, Catherine Gebhard, Sabina Hunziker, Raoul Sutter, Martin Siegemund, Caroline E. Gebhard (ICU Trial Group): «Sex disparities in ICU care and outcomes after cardiac arrest: a Swiss nationwide analysis», in «Critical Care», Januar 2025.
  • doi: 10.1186/s13054-025-05262-5
Speziell bei ausserklinischen Herzstillständen waren die Unterschiede in der Sterblichkeit deutlich. Hier besagten die Daten, dass Laienreanimationen seltener waren – und dass es öfter zu Verzögerungen bei der Wiederbelebung kam.
Es zeigt sich also ein Gesamtbild erheblicher Benachteiligung. Die Autorinnen und Autoren der Studie deuten die Resultate aber mit einer gewissen Vorsicht: Die Patientinnen waren tendenziell älter als die Patienten, und sie litten beim Herzstillstand auch an mehr Komorbiditäten. Dies könnte die höhere Sterblichkeit auf der Intensivstation, aber auch gewisse Therapieeinschränkungen erklären.
Insbesondere in der Altersgruppe von 50 bis 69 Jahren war die Sterblichkeit bei Frauen höher, was – so die Studie – auch mit hormonellen Veränderungen in der Perimenopause zusammenhängen könnte.
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Inzidenzraten von Intensiv-Aufnahmen (li.) und Todesfällen auf der Intensivstation (re.) nach Geschlecht & Altersgruppen. Quelle: aus der zitierten Studie.
Dennoch gibt es Resultate, die zu denken geben (beziehungsweise welche die Notwendigkeit unterstreichen, «geschlechtsspezifische Unterschiede in der Versorgung und Entscheidungsfindung kritisch zu hinterfragen und zukünftige Studien zur präziseren Analyse von Faktoren wie Therapieentscheidungen und Versorgungsstandards durchzuführen» – so ein Fazit des Teams um Amacher, Gebhard et. al.).
Zum Beispiel zeigte sich auch, dass bei Frauen häufiger frühzeitig auf lebenserhaltende Massnahmen verzichtet wurde.
Die Langfrist-Studie umfasste den Zeitraum 2008 bis 2022. Dabei kam auch heraus, dass es während der Covid-19-Pandemie zu einem Rückgang der ICU-Aufnahmen bei Herzstillständen kam – wobei diesmal die Männer stärker betroffen waren. Die Sterblichkeitsrate bei Frauen blieb allerdings auch in dieser Phase höher.
  • forschung
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