Angriffe aufs Pflegepersonal, auf Sanitäter oder Ärzte – dieses Thema wurde in letzter Zeit ja zunehmend eifrig diskutiert in der Branche. Laut dem gängigen Klischee wird es dabei vor allem in den Notfallstationen gefährlich. Und dort vor allem am Wochenende.
Aber so klar ist die Sache nicht – insbesondere sind auch Faktoren zu berücksichtigen, die man in der Aggressions-Debatte zumeist ignoriert. Zum Beispiel das Covid-Virus.
Dies besagen jedenfalls die Daten eines grossen Warnsystems, mit dem das Spitalpersonal Hilfe rufen und dabei seinen Standort signalisieren kann. Es wird in den USA von der Silicon-Valley-Firma Canopy vertrieben, 40 Spitalorganisationen setzen das System an gut 800 Standorten ein. So dass etwa 210’000 Beschäftigte des amerikanischen Gesundheitswesens heute solche «Panic Buttons» tragen.
Urlaub entspannt, …
Folglich hat sich hier ein grosser Datenberg zu den Spitalattacken angehäuft.
Canopy hat nun eine
Auswertung zum Jahr 2023 veröffentlicht. Danach wurden rund 40 Prozent der
Alerts in den Notfallstationen ausgesandt – was aber auch bedeutet, dass die Mehrheit der Vorfälle in anderen Sektoren geschahen:
- Ebenfalls gut 40 Prozent der Notrufe wurden entweder in Bettenstationen sowie im Operationsbereich abgesetzt.
- Die restlichen 20 Prozent entfielen dann auf weitere Bereiche wie Intensivstationen oder Räumlichkeiten ohne Patientenzugang.
Nicht ganz den gängigen Vorstellung entspricht auch, dass die Zahl der Vorfälle an den Wochentagen um 20 Prozent höher lag als am Wochenende.
Derweil wurden die Panikknöpfe an Feiertagen und ihrer Umgebung – also den amerikanischen Holiday Seasons – um 12 Prozent seltener gedrückt als im Durchschnitt.
… aber Covid stresst
Durchaus logisch wirkt ferner das Ergebnis, dass es in Zeiten von Covid-Wellen auch mehr Vorfälle mit dem Not-System gab: Die Quote lag um 8 Prozent höher (wobei Covid-Wellen definiert wurden als Anstieg von entsprechenden Hospitalisierungen um 50 Prozent oder mehr). An solchen Tagen dürfte auch der Andrang in den Kliniken erhöht gewesen sein – und folglich auch der Stress bei Patienten wie beim Personal.
Die Auswertung liefert am Ende sogar neuen Stoff zur ewigen Debatte um die Wirkung des Vollmonds. Denn da ergab sich, dass die Zahl der Notrufe letztes Jahr jeweils um 9 Prozent über dem Durchschnitt lag, wenn der Mond voll & rund war. Woran das wohl lag – an aggressiveren Patienen und Besuchern? Oder eher an sensiblerem Personal? Oder am Zufall? Das wissen allerdings nur die Götter.