Festsetzungsverfahren: Physioswiss reagiert auf gescheiterte Tarifverhandlungen

Nach gescheiterten Tarifverhandlungen mit Tarifsuisse, HSK und CSS fordert Physioswiss verbindliche Taxpunktwerte – die Kantone sollen sie nun festlegen.

, 18. November 2025 um 10:55
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Bild: zvg
Die Taxpunktwerte in der Physiotherapie sind seit Jahren ein Streitpunkt zwischen dem Physiotherapie-Verband Physioswiss und den Krankenversicherern. Nun sind die Verhandlungen endgültig gescheitert.
Wie Physioswiss mitteilt, hat er in allen 26 Kantonen ein Festsetzungsverfahren eingeleitet. Hintergrund sind die gescheiterten Verhandlungen über die Preise für physiotherapeutische Leistungen mit den Einkaufsgemeinschaften der Krankenversicherer Tarifsuisse, HSK (Helsana, Sanitas, KPT) und CSS. Die Kantonsregierungen sollen nun einen verbindlichen Taxpunktwert festlegen.
Bereits Ende 2024 hatte Physioswiss ein Verfahren gegenüber Tarifsuisse gestartet. Damals verlängerten die Kantone die bestehenden Verträge um ein Jahr, um Zeit für weitere Gespräche zu gewinnen.
Allerdings zeigte sich schon damals, wo die Schwierigkeiten lagen: Mit der Einkaufsgemeinschaft HSK und der Krankenkasse CSS wurde vereinbart, die Verhandlungen fortzuführen. Bei Tarifsuisse sah Physioswiss jedoch «keine reellen Chancen für einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss», wie es in der Mitteilung im Dezember 2024 hiess. Die Kassen bei Tarifsuisse repräsentieren knapp zwei Drittel der Versicherten.
Da keine Einigung erzielt wurde, läuft das Festsetzungsverfahren nun bei allen drei Einkaufsgemeinschaften.

Veraltete Tarifbasis

Ende Juni 2024 hatte Physioswiss die Tarifverträge im KVG gekündigt. Die aktuell geltenden Taxpunktwerte für physiotherapeutische Leistungen basieren auf einem Kostenmodell aus dem Jahr 1997, in dem ursprünglich ein Wert von 0,94 Franken festgelegt wurde. Seitdem gab es nur minimale Erhöhungen: 2014 für Tarifsuisse, 2016 für CSS und HSK. Inzwischen sind die Kosten deutlich gestiegen, sodass neue, angemessene Preise dringend notwendig sind.
Bereits zum 1. Juli 2025 führte Physioswiss neue Tarife für Leistungen in der Unfallversicherung (UV), Militärversicherung (MV) und Invalidenversicherung (IV) ein. Diese beruhen auf aktuellen Kosten- und Leistungsdaten und dienen nun auch als Grundlage für die KVG-Verhandlungen.

Provisorische Regelung

Während das Festsetzungsverfahren läuft, werden die physiotherapeutischen Leistungen weiterhin vergütet. Die Kantone legen zudem provisorische Taxpunktwerte fest, um einen tariflosen Zustand zu vermeiden. Erst nach Abschluss des Verfahrens wird der endgültige Wert bestimmt.
Mit dem Verfahren will Physioswiss sicherstellen, «dass die Vergütung der Physiotherapie an die tatsächlichen Kosten angepasst wird und langfristig faire Preise gelten», so die Mitteilung des Verbandes.

In der Physiotherapie wurden oder werden die Vergütungen auf drei Ebenen diskutiert:
  • Tarifstruktur im Bereich UV/MV/IV: Hier gelang im März eine Einigung der Tarifpartner Physioswiss, H+ mit der Medizinaltarif-Kommission. Seit Juli 2025 gilt eine neue Tarifstruktur. Bemerkenswert: Sie sieht den Wechsel von einem Pauschaltarif zu einem Zeitleistungstarif vor.
  • Tarifstruktur im KVG-Bereich: Hier gilt weiterhin die Tarifstruktur 312 aus dem Jahr 2018. Neue Strukturen sollen bis März 2026 erarbeitet und ab 2027 umgesetzt werden.
  • Taxpunktwert-Verhandlungen: Höhere Taxpunktwerte sollten ursprünglich bis Ende 2024 ausgehandelt werden. Damals verlängerten die Kantone die bestehenden Verträge um ein Jahr, um Zeit für weitere Gespräche zu gewinnen. Auch 2025 konnte jedoch keine Einigung erzielt werden, deshalb folgen nun Festsetzungsverfahren bei allen drei Einkaufsgemeinschaften.

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