2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.
EPD: Noch mehr Geld und Zwang machen es auch nicht besser
Ein brauchbares elektronisches Patientendossier wäre überfällig. Aber weiterhin sind wichtige Fragen offen. Zum Beispiel: Wie müsste das EPD sein, damit es auch genutzt wird? Warum fehlen viele praktische Features?
Gastbeitrag von Felix Schneuwly, 23. Februar 2024 um 23:00«Die Grundsatzfrage wird nicht geklärt – nämlich ob und wie mit dem EPD Geld verdient werden darf.»
- Die in den Dossiers enthaltenen Informationen müssen so aktuell und vollständig wie nur möglich sein, denn wenn sich das Fachpersonal nicht darauf verlassen kann, werden die Dossiers gemieden.
- Dass das EPD die Patientensicherheit erhöhen und die Effizienz der medizinischen Leistungen erhöhen soll, hat das rein gar nichts mit einer elektronischen Datenablage für Patientinnen und Patienten zu tun, sondern mit optimierten und bis zu einem gewissen Grad standardisierten Prozessen. Über Prozessoptimierung steht nichts im Bericht und auch nichts im Gesetzesentwurf.
- Die Daten müssen so strukturiert sein, dass sie mit wenig Aufwand darin abgelegt, einfach wieder gefunden und bearbeitet werden können (Datenstruktur).
- Auch die Grundsatzfrage wird nicht geklärt – nämlich ob und wie mit dem EPD Geld verdient werden darf. In anderen Branchen wird sehr wohl gemeinsam investiert, wenn Effizienz und Qualität allen nützt und jedem Wettbewerbsvorteile verschafft. eBanking ist beispielhaft. Und im KVG-Bereich sind die alternativen Versicherungsmodelle (AVM) prädestiniert, weil dort Unternehmen und nicht Verbände Vertragspartner sind. Oder soll der Bund (Beispiel Dänemark) die gesamte EPD-Inftastruktur wie die Nationalstrassen planen, bestellen sowie finanzieren und den Einsatz im Bereich der durch Sozialversicherungen finanzierten medizinischen Leistungen für Versicherte und Fachpersonen als verbindlich erklären?
«Die Qualitätsbürokratie würde auf das gesundheitspolizeilich Wesentliche schrumpfen.»
- Egal welche Rolle der Staat und private Akteure spielen, das EPD muss so einfach und nützlich sein wie eBanking oder ein Smartphone. Dann wollen es alle – Versicherte und Gesundheitsfachleute. Und wie in Dänemark würde kaum jemand vom Opt-out-Recht Gebrauch machen.
- Wer weniger freiheitlich denkt, kommt mindestens zum Schluss, dass im überregulierten und kollektiv finanzierten Sozialversicherungsbereich ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, ein bewirtschaftetes EPD für die Abrechnung von versicherten Leistungen vorauszusetzen. Wer weniger weit gehen möchte, kann wie oben erwähnt den AVM-Vertragspartnern (Art. 62 KVG) den Spielraum geben, Efizienz und Qualität statt bloss Mengen zu vergüten. Dann bekommt nämlich die Digitalisierung einen ganz normalen, ökonomisch getriebenen Schub.
- Der Datenschutz muss mit Augenmass angewendet werden. Die durch die Revision des Datenschutzgesetzes noch viel komplizierter gewordenen Regelungen müssen so angewendet werden, dass sie das EPD nicht blockieren oder dessen Vorteile eliminieren. Wer bei der Finanzierung von der Solidarität profitiert, sollte jeder Gesundheitsfachperson, die am Behandlungsprozess beteiligt ist, im EPD vollen Lese- und Schreibzugriff gewähren. Letzteres wäre ein einfaches und hochwirksames Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungs-Instrument. Die gigantische und stetig wachsende Qualitätsbürokratie würde auf das gesundheitspolizeilich Wesentliche schrumpfen.
- Und ein Widerspruchsregister ist auch mit dem Recht auf Opt-out überflüssig, wie übrigens auch ein Organspenderegister. Ein Vermerk auf dem Chip der Versichertenkarte genügt.
- Ostschweizer Kantone fordern EPD-Stopp: In der aktuellen Form bringe das Projekt kaum Nutzen. Es habe zu viele Konstruktionsfehler.
- EPD – und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt. Medix-Chef Felix Huber über das bisherige Debakel mit dem Patientendossier.
Artikel teilen
Loading
Comment
Monsieur Prix mag das Réseau de l’Arc
Preisüberwacher Stefan Meierhans schlägt vor, dass die Politik viel stärker auf grosse Gesundheitsnetze mit festen Budgets setzt.
Über die Verantwortung der Tarifpartner
Eifrig diskutiert die Branche über die Kostenfolgen von Tarifsystemen – aber kaum über die Folgen für die Versorgung oder für die Strukturen.
Timing und Treffgenauigkeit: Die Kunst der Informationsvermittlung
In einer Zeit, in der die Effizienz und Qualität im Gesundheitswesen mehr denn je von entscheidender Bedeutung sind, kommt der reibungslosen Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren eine zentrale Rolle zu.
Keine Zulassungserleichterung für Orphan Drugs
Eine schnellere Zulassung für Arzneimittel bei seltenen Krankheiten hätte laut dem Bundesrat hohe Kostenfolgen.
Ja zum neuen Arzttarif – aber nur mit ambulanten Pauschalen
Ein neues ambulantes Tarifsystem muss Pauschalen mit dem Einzelleistungstarif Tardoc kombinieren. Nur so lässt sich die Effizienz im Gesundheitswesen steigern.
Tardoc: Auch die Kinderspitäler können nicht mehr warten
In der Kindermedizin wird besonders deutlich, weshalb das heutige Tarifsystem unhaltbar geworden ist.
Vom gleichen Autor
Ein Gruss aus der sozialistischen Planwirtschaft
Unklare Ziele, diffuse Verantwortung, aber viel Bürokratie: Der Qualitätsartikel im KVG ist ein fehlkonstruiertes Monster.
«Berset hätte die Fehler von Dreifuss und Couchepin nicht wiederholen dürfen»
Der Krankenkassen-Experte erklärt im Gastbeitrag, weshalb das Bundesamt für Gesundheit bei der Prämiengenehmigung fundamentale Fehler macht.
Krankenkassen – gute Regulierung gegen steigende Kosten und Prämien
Verena Nold, Fridolin Marty und Reto Wyss haben sich hier im April zu den steigenden Kosten und Krankenkassenprämien geäussert. Für Felix Schneuwly hat Fridolin Marty die besten Argumente.