Eine Erhebung im Rahmen der geplanten Spitalreform in Deutschland kommt zu dem Ergebnis, dass komplexe Behandlungen wie Schlaganfälle und Krebserkrankungen ausschliesslich in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden sollten. Die Studie stützt sich auf Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung, Qualitätsberichte der Spitäler sowie Daten von medizinischen Registern und Fachgesellschaften. Exemplarisch wurden drei Fallbeispiele analysiert.
Bei Schlaganfällen könnten jährlich fast 5'000 Menschen überleben, wenn sie rechtzeitig in Kliniken mit einer «Stroke Unit» eingeliefert würden. Im Jahr 2021 verfügten bundesweit 328 Spitäler über eine solche Einheit, aber knapp 1050 Kliniken rechneten Schlaganfälle ab.
Für die erfolgreiche Behandlung von Schlaganfallpatienten spielt laut Analyse die Anfahrtszeit zum Spital eine entscheidende Rolle. Die Studie zeigt, dass sich die durchschnittliche Fahrzeit insgesamt nur um 1,8 Minuten verlängern würde, wenn die Patienten direkt in eine Klinik mit Stroke Unit gebracht würden.
Überlebensvorteil für Brustkrebspatientinnen
Deutliche Verbesserungen wurden auch bei Krebserkrankungen festgestellt: Würden alle Krebspatienten zur Erstbehandlung in zertifizierte Krebszentren überwiesen, könnten jährlich mehr als 20'000 Lebensjahre gerettet werden. Brustkrebspatientinnen haben der Analyse zufolge einen Überlebensvorteil von fast 25 Prozent, wenn sie in einem zertifizierten Zentrum behandelt werden.
Ein weiterer Bereich, der in der Studie untersucht wurde, ist die Endoprothetik. Hier zeigt sich, dass nur jede dritte Klinik, die Hüft- oder Kniegelenksoperationen durchführt, über ausreichende Erfahrung (mindestens 150 Operationen pro Jahr) verfügt. Die Regierungskommission kritisiert, dass viele Kliniken solche Operationen durchführen, obwohl sie nicht notwendig sind.
Spitäler kritisieren Studie
Die Potenzialanalyse wurde vor dem Hintergrund der laufenden Spitalreform erstellt. «Wir haben in Deutschland klare Qualitätsdefizite», sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Vorstellung der Studie. Teil von Lauterbachs Reformplänen ist, dass die Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend vergütet werden. Es soll die Kategorien der wohnortnahen Grundversorgung, der Regel- und Schwerpunktversorgung und der Maximalversorgung geben.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft reagierte heftig auf die Studie und bezeichnete sie als «neuen Tiefpunkt in der politischen Debatte um die Zukunft der Krankenhausversorgung in Deutschland». Sie kritisierte die Ergebnisse als unwissenschaftlich und plakativ.