Zahnarzt muss sich «Blick»-Artikel gefallen lassen

Ein Zahnarzt wehrte sich gegen einen «Blick»-Artikel. Er sei rufschädigend. Der Schweizer Presserat fand: Das muss sich der Zahnarzt gefallen lassen.

, 4. Dezember 2019 um 06:28
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Ein Aargauer Zahnarzt musste Anfang Jahr im «Blick» grobe Anschuldigungen über sich lesen: «Dentalassistentin Sadia H. (20) kritisiert ihren Ex-Chef auf Google», hiess es dort. Und die Zeitung zitierte wörtlich, was die junge Frau in der Google-Rezension über ihn geschrieben hatte.
Und das war wenig schmeichelhaft. Zum Beispiel: «Vorne durch lächelt er, hintenrum hasst er seinen Job.» Seine Assistentinnen behandle er «wie dreckige Sklaven». Wenn Kinder weinten beim Bohren, habe er einfach weitergemacht, obwohl sie fast erstickten, schrieb sie. «Ich empfehle Euch den Zahnarzt echt nicht. Passt auf bei dieser Praxis. Sie ist echt gefährlich. Ob für Junge oder Ältere. Dieser Zahnarzt ist ganz schlecht.»

Zahnarzt wehrte sich erfolgreich gegen die schlechte Bewertung

Die Dentalassistentin musste die Bewertung löschen. Und ein Gericht verurteilte die Lehrtochter wegen «übler Nachrede». Sie musste 1400 Franken Busse zahle. An sich ein Erfolg für den kritisierten Zahnarzt.
Weniger Freude hatte er, als der «Blick» die Anschuldigungen der Lehrtochter nochmals publik machte. Und zum Artikel auch noch ein verpixeltes Bild des Zahnarztes stellte. Deshalb wehrte sich der Zahnarzt beim Schweizer Presserat gegen den Artikel. Er sei rufschädigend und ehrverletzend.

«Blick» hat nur den Strafbefehl zitiert

Erfolglos. Denn die Anschuldigungen hat der «Blick» offenbar aus dem Strafbefehl zitiert. Sie waren Bestandteil des Gerichtsurteils. Deshalb durfte die Zeitung die Zitate übernehmen – auch ohne den betroffenen Zahnarzt zu Wort kommen zu lassen.
Korrekt habe die Zeitung zudem den Namen des Arztes anonymisiert und sein Foto verpixelt. Patienten konnten den Arzt vermutlich trotzdem erkennen. Doch die Richtlinien des Presserats verlangen keine totale Anonymisierung. Personen in Zeitungsartikeln sind in der Regel trotz Anonymisierung innerhalb der Familie, des sozialen oder des beruflichen Umfeldes erkennbar. Das müssen sie in Kauf nehmen.

«Ich erkenne auch verpixelt meinen Zahnarzt und die Praxis»

Das Foto von der Website der Zahnarzt-Praxis durfte die Zeitung laut Presserat zeigen. Denn es ist kein Privatfoto des Zahnarztes, sondern ein Werbefoto für die Praxis, also für die Öffentlichkeit bestimmt. Ob der Artikel dem Ruf des Zahnarztes tatsächlich geschadet hat?
Aus den Kommentaren zum Artikel geht zumindest hervor, dass der Betroffenen nach wie vor zufriedene Kunden hat: «Ich erkenne auch verpixelt meinen Zahnarzt und die Praxis», schrieb einer. Er sei sehr verärgert, dass die Assistentin versucht habe, aus niederen Beweggründen der Existenz des Zahnarztes zu schaden. Die Behandlungen seien immer top gewesen.
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