Anregender
food for thought findet sich heute in der
«Konsumentenstimme»; im neuen Magazin des Vergleichsdienstes Comparis nimmt sich Beat Sottas die Ärzteausbildung zur Brust. Wobei er als Ausgangspunkt die geplante Bundes-Finanzspritze für neue Medizin-Studienplätze wählt.
Beat Sottas ist Bildungsberater im Gesundheitsbereich, er sitzt unter anderem im Stiftungsrat von Careum und war einst Abteilungsleiter im BAG. Und er findet: Die 100 Millionen Franken, welche der Bundesrat
im Juni gegen den Ärztemangel aufwarf, «könnten nutzlos verpuffen».
«Nutzlos verpuffen»
Laut Sottas ist bereits die Diagnose falsch. Die Schweiz bilde nicht zuwenig Ärzte aus (wie viele meinen, darunter offenbar auch der Bundesrat). In den letzten Jahren und Jahrzehnten hätten eigentlich genügend diplomierte Mediziner die Schweizer Universitäten verlassen – oder zumindest annähernd genug, so Sottas' Berechnungen.
Wenn dennoch zehntausende ausländische Ärzte zuwandern und benötigt werden, dann gehen dem Land also entsprechend viele junge Schweizer Ärzte verloren.
Was wäre die Erklärung? Sottas nennt kurz die Teilzeitarbeit – und widmet sich dann lang dem Numerus Clausus für Medizin. Der Eignungstest prüfe Konzentration, logisches Denken und Erinnerungsvermögen; doch er interessiere sich überhaupt nicht für Sozialkompetenz, Kommunikation, Empathie, Beratungseignung und Frustrationstoleranz.
Dabei wären dies die Eigenschaften, die bei Hausärzten besonders gefragt sind.
«Kaum überraschend also, dass es trotz intensiver Sensibilisierung und Förderung nicht gelungen ist, mehr Hausärzte zu gewinnen», lautet ein Fazit von Sottas: «Wenn jeder Zehnte Diplomierte Hausarzt wird, hat das auch damit zu tun, dass der NC die falschen auswählt: Es wird ein Typ Mensch zum Arzt ausgebildet, der nicht die für die Grundversorgung notwendigen Eigenschaften besitzt.»
Der Bundesrat will nichts davon wissen
Kurz: Solange derart selektiert wird, würden die 100 Millionen vielleicht dazu beitragen, gute Forscher auszubilden – aber nicht die guten Ärzte.
Der Ärztemangel wegen falscher Selektionsmechanismen? Bildungsforscher Sottas greift anhand dieses Themas in die Numerus-Clausus-Debatte ein. Vergleichbare Forderungen werden ja regelmässig gestellt. Jüngst zum Beispiel von Jacques de Haller, dem ehemaligen FMH-Präsidenten, der Ende Juli
neue Einstiegstests für angehende Medizinstudenten forderte.
Der Bundesrat will übrigens nichts davon wissen. Vorletzte Woche stellte sich die Landesregierung hinter den Numerus Clausus: «Diese Art der Zulassungsbeschränkung hat sich bewährt und garantiert eine qualitätsorientierte Auswahl der Studierenden, wie die hohen Studienerfolgsquoten an den Universitäten mit Numerus Clausus belegen», schrieb der
Bundesrat in der Antwort auf Humbels Motion.