Immer wieder kursieren medizinische Kunstfehler-Geschichten, die für Laien wie Experten kaum nachvollziehbar scheinen. Aber das sind nicht nur Legenden: Solche «Never ever»-Ereignisse kommen mit einer gewissen Häufigkeit tatsächlich vor.
Ein Team der Mayo-Klinik ging nun 69 Fällen von drastischen Kunstfehlern nach, die nur möglich werden konnten, weil mehrere Kontrollen und Instanzen gleichzeitig versagten. Zum Beispiel, als auf der falschen Körperseite operiert wurde. Oder als der falsche Patient auf dem Ops-Tisch landete. Oder wenn ein Operationsteam eine falsche Prothese beziehungsweise ein falsches Implantat einsetzte.
Wenig erstaunlich: Es lag stets am human factor. Die Mayo-Ärzte unter Leitung der Gastroenterologin
Julianne Bingener fanden dabei insgesamt 628 menschliche Ursachen, die zum Kunstfehler beitrugen beziehungsweise ihn ermöglichten.
Oder anders: Bei den 69 untersuchten schweren Fällen trafen vier bis neun Fehler oder Unregelmässigkeiten gleichzeitig aufeinander. Insgesamt unterschieden die Autoren am Ende vier Fehlergruppen:
- Vorbedingungen: Ungenügende Übergabe; Ablenkung; Übervertrauen; Müdigkeit; ungenügende Kommunikation.
- Unsichere Verfahren: Bruch der Regeln; Biegen der Regeln; kein Verständnis fürs Protokoll; Bestätigungs-Bias (man versteht eine andere Meinung fälschlicherweise als Bestätigung dessen, was man selber sieht).
- Fehler bei Übersicht und Überwachung: Ungenügende gegenseitige Kontrolle (ein Faktor hier sind auch personelle Engpässe).
- Organisatorische Einflüsse: Kulturelle Probleme, inadäquate Abläufe.
Zu erwähnen ist aber auch, dass fast zwei Drittel der untersuchten «Never ever»-Ereignisse bei relativ kleinen und auch ungefährlichen Eingriffen auftraten.
Quelle:
Zusammenfassungen:
- «Human behavior behind most surgical errors», in: «Fierce Healhcare»