Es geht um den «Angelina-Jolie-Effekt». Zuvor schon gab es Hinweise, dass es diesen Effekt gibt – beispielsweise
meldete das Berner Inselspital im Mai, dass man in der Brustkrebs-Beratung seit Mai 2013 zu «weit mehr» Anfragen nach Gen-Tests und vorbeugenden Massnahmen ab.
Die Starschauspielerin hatte im Frühjahr 2013 in einem
Beitrag in der «New York Times» bekanntgegeben, dass sie aus genetischen Gründen sehr gefährdet ist, Brust- und Eierstockkrebs zu bekommen. Deshalb habe sie sich entschlossen, ihre Brüste amputieren zu lassen – mit anschliessenden plastischen Massnahmen.
Mehr Wissen um Rekonstruktionen
Öffentlich
machte sie dann – ein Jahr später – auch, dass sie sich Eierstöcke und Eileiter entfernen hatte lassen, auch dies, um das Risiko einer Tumorerkrankung zu minimieren.
Beide «Outings» fanden bekanntlich einen sehr breiten Niederschlag in allen Medien und sozialen Foren, auch im deutschen Sprachraum.
Zu den Folgen gehört nun offenbar, dass sich signifikant mehr Frauen mit Brustkrebs, seinen genetischen Ursachen und der Idee einer Mastektomie auseinandersetzen. Und mehr Frauen als vor Jolies Bekanntgabe wussten auch, welche Möglichkeiten einer nachfolgenden Brust-Rekonstruktionen bestehen.
Mehr Wissen um Operationsabläufe
Die besagen Daten aus Graz. Die vier Autoren von der medizinischen Fakultät hatten schon vor Jolies Publikation im Frühjahr 2013 rund 1'000 Frauen zwischen 18 und 65 über ihr Wissen um Brustkrebs und die Rekonstruktions-Möglichkeiten befragt.
Nach der ersten «New York Times»-Publikation folgte – im Juni 2013 – eine zweite Befragung eines ähnlich grossen Samples zum Thema. Dabei ergab sich, dass ein um 4 Prozentpunkte höherer Anteil wusste, welche schönheitschirurgischen Möglichkeiten bestehen.
Interessanterweise gewann die Tatsache, dass dabei körpereigenes Gewebe verwendet werden kann, dank Jolies «Outing» weitaus stärker an Bekanntheit (plus 11 Prozent); und um 19 Prozentpunkte mehr der befragten Frauen wussten danach, dass Mastektomie und Rekonstruktion in derselben Operation bewältigt werden können.
Mehr Wissen gleich besser informiert?
Bereits im Februar hatte
eine Untersuchung in den USA ergeben, dass die Bereitschaft, sich auf BRCA-Mutationen testen zu lassen, nach Angelina Jolies Ankündigung spürbar gestiegen war: Die Quote kletterte von 2,5 auf 10'000 Frauen im Monat davor auf bis zu 3,5 in den Monaten danach. Wobei der Zuwachs bei weissen Frauen der Altersgruppe von Jolie (35-49) besonders klar schien.
Und dann? Ob die Betroffenen nun besser informiert sind, ist immerhin ein anderer Punkt.
Eine grosse Befragung, ebenfalls durchgeführt in den USA, fand beispielsweise heraus, dass das Wissen um Angelina Jolies Eingriff und ihre Problematik weit verbreitet war – doch dass weniger als 10 Prozent der Frauen in der Lage war, die Risikosituationen im Zusammenhang mit der BRCA-Mutationen einzuschätzen.
«Das Wissen um die Angelina-Jolie-Story ging nicht einher mit einem verbesserten Verständnis», schrieben die Autoren aus der University of Maryland.
Und sie folgerten: «Prominente können wohl ein grösseres Bewusstsein für Gesundheitsthemen wecken, dennoch besteht eine Notwendigkeit, dass ihre Botschaften durch zweckmässigere Massnahmen begleitet werden, welche dem Publikum dabei helfen, die komplexe diagnostische und therapeutische Information zu verstehen, welche solche Stories enthalten.»
Oder kürzer gesagt: Dank den Gesundheitsproblemen sind zwar mehr Menschen über eine Krankheit informiert – aber viel Genaueres wissen sie dennoch nicht darüber.
Die neuen Daten aus der Universität Graz widersprechen dem jetzt aber, zumindest teilweise: Sie weisen doch auf ein erhöhtes Detailwissen hin.
Jede fünfte der in Österreich befragten Frauen gab denn auch an, dass die Medienberichte über Angelina Jolies freiwillige Eingriffe sie dazu gebracht hätten, «sich intensiver mit dem Thema des Brustkrebses auseinanderzusetzen».