Je mehr Notfallstationen aufgesucht werden, desto mehr fallen die Besuche mit einem hohen Anteil von Mehrfachnutzern zusammen. Dies zeigt eine Erhebung des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan). So sind Personen ab vier Konsultationen nahezu für jeden zehnten Notfall verantwortlich. Je nach Kanton beträgt der Anteil der Mehrfachnutzer zwischen 12 und 34 Prozent.
Gleichzeitig zeigt die Studie, dass eine hohe Inanspruchnahme mit niedrigeren durchschnittlichen Kosten pro Besuch verbunden sind: So sinkt der durchschnittliche Rechnungsbetrag mit steigender Inanspruchnahmerate. Dies legt laut Obsan die Vermutung nahe, dass eine hohe Rate einen grösseren Anteil an einfachen und kostengünstigeren Fällen einschliesst. Umgekehrt bedeute eine niedrige Inanspruchnahme vermutlich, dass auf Notfallstationen mehr schwerwiegende und kostspieligere Fälle behandelt werden.
Substitutionseffekt nicht überall sichtbar
Weiter zeigen die Zahlen, dass eine hohe Inanspruchnahme parallel zu einer niedrigeren Rate der Notfallkonsultationen in Arztpraxen sind. Oder anders ausgedrückt: Eine niedrige Rate deute auf eine gezieltere Inanspruchnahme hin, bei der sich Patienten regelmässig vermutlich an eine andere Anlaufstelle wenden. Im Grossteil der Kantone sei dieser Substitutionseffekt gut sichtbar. Eine Minderheit der Kantone folge jedoch nicht diesem Muster. Bei diesen sind beide Arten von Anlaufstellen entweder stark oder wenig benutzt.
Zum besseren Verständnis der Ergebnisse müssten die Erwartungen und die Praxis der Bevölkerung in Bezug auf die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen genauer untersucht werden, schreibt der Autor der Studie. Es sei wahrscheinlich, dass die Notfalldienste nicht in allen Regionen gleich spontan genutzt werden.
Eine mögliche Erklärung wäre unter anderem, dass sich Patienten an Notfalldienste wenden, weil sich ihre Arbeitszeiten nicht mit den Öffnungszeiten der Arztpraxen vereinbaren lassen. Im Weiteren könnte der Ausbau eines entsprechenden Angebots (Permanence- Einrichtungen oder Walk-in-Kliniken) die Inanspruchnahme von Notfalldiensten fördern.
Durchschnittsbetrag zwischen 266 und 540 Franken
Die Inanspruchnahme von Notfallstationen ist je nach Kanton sehr unterschiedlich: Sie reicht von 53 Konsultationen pro 1'000 Einwohner im Kanton Appenzell Innerrhoden – bis zu 296 Konsultationen im Tessin. Der Gesamtbetrag der Rechnungen beträgt 624 Millionen Franken. Im Durchschnitt wurden pro Konsultation 382 Franken verrechnet. Im Tessin liegt dieser bei 266 Franken und in Nidwalden bei 540 Franken.
Notfallstationen sind in der Schweiz bekanntlich chronisch überlastet, die Wartezeiten werden immer länger. Deshalb sind die Kantone gefordert, Lösungen zu finden. Im Zentrum steht die Frage: Wie können Patienten, die eigentlich keine ambulante Notfallbehandlung im Spital benötigen würden, am besten versorgt werden? 2016 suchten 14 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung mindestens einmal eine Notfallstation auf. Insgesamt wurden dort 1,7 Millionen Notfälle behandelt.