Unispital Basel: Klare Sehverbesserungen bei Blinden

Unter dem neuen Augenklinik-Chefarzt Hendrik Scholl entstand ein Übersichts-Artikel zu den Therapie-Fortschritten. Spürbar wird, dass wir eigentliche Durchbrüche in der Behandlung von Blindheit erleben.

, 8. Dezember 2016 um 10:28
image
  • universitätsspital basel
  • ophthalmologie
  • forschung
Die Netzhaut ist häufig von erblichen Erkrankungen betroffen, welche bisher nicht therapierbar waren. Nun berichtet ein internationales Forschungsteam von Fortschritten in der Therapieentwicklung und von einem Durchbruch in der Behandlung von Blindheit; geleitet wurde das Team von Hendrik Scholl, dem neuen Chefarzt der Augenklinik des Universitätsspitals Basel,
Worum geht es? Derzeit sind Mutationen in 256 Genen bekannt, die zu unbehandelbaren Erkrankungen der Netzhaut führen können. Bei solchen Netzhautdegenerationen erleiden die Patienten einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Auge. 

 

Medikamente in Phase 3

In einem Übersichtsartikel präsentieren die Autoren den Forschungsstand – und zeigen, dass dieser ist an einen erfolgsversprechenden Punkt gelangt ist: Bei erblindeten Patienten konnten signifikante Sehverbesserungen erzielt werden. Denn dank der genauen Kenntnis der molekularen Mechanismen lässt sich das Sehpigment pharmakologisch wieder herstellen. Das Medikament dazu (Zuretinol Acetate) wurde in einer ersten Phase bereits erfolgreich getestet. Nun wird die Wirkung in einer weltweiten Phase 3-Studie unter der Leitung von Hendrik Scholl weiter erforscht.
  • Hendrik P. N. Scholl, Rupert W. Strauss, Mandeep S. Singh et al.: «Emerging therapies for inherited retinal degeneration», in: «Science Translational Medicine», Dezember 2016.
Der Übersichtsartikel nimmt auch die die Erkenntnis auf, dass ein defektes Gen in der Netzhaut ersetzt werden kann, indem virale Träger die überlebenden Zellen mit einem gesunden Gen versorgen. Solche Gentherapien wurden bereits mehrfach erfolgreich bei Netzhauterkrankungen angewandt. 
Eine völlig neuartige Therapiemethode hat ferner Botond Roska vom Baslier Friedrich Miescher Institut entwickelt. Er schaffte es, nicht-lichtempfindliche Zellen mittels Optogenetik lichtempfindlich zu machen. Dafür wird ein Photoswitch-Gen über einen viralen Träger in den Glaskörperraum gespritzt. Um diese Methode weiterzuentwickeln, wird demnächst eine Phase-1-Studie gestartet.

Chancen durch Fortschritte bei Bildgebung

Schliesslich berichten Hendrik Scholl et al. auch über Erfolge in der Stammzelltherapie. Diese wurden möglich, weil sich die Netzhaut mit neuen bildgebenden Methoden etwa 100-fach besser aufgelöst darstellen lässt als zuvor. Damit lassen sich Zellen, die Lichtsignale in elektrische Signale umwandeln, neuerdings am lebenden Menschen einzeln darstellen. Auf diese Weise können neueste Therapieentwicklungen der Gen- und Stammzelltherapie speziell am Auge getestet werden.
Netzhautdegenerationen sind in Mitteleuropa unter 20- bis 60-Jährigen die häufigste Erblindungsursache. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Herzstiftung zeichnet Nachwuchsforscherinnen aus

Srividya Velagapudi und Vanessa Biemmi erhalten für ihre Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen den Albrecht von Haller Young Investigator Award.

image

Studie: Herzmedikament könnte Metastasen stoppen

Ein Forscherteam von ETH, USB, USZ und KSBL fand heraus, dass das etablierte Herzmedikament Digoxin bei Brustkrebs Metastasen verhindern könnte.

image

CHUV: Aus Spenderstuhl wird Medizin

Das Universitätsspital Lausanne ist das erste Schweizer Spital mit Swissmedic-Zulassung zur Herstellung eines Medikaments aus Fäkalbakterien.

image

Istvan Ehrenbaum wird Direktor des Rehab Basel

Der USB-Manager und frühere stv. Direktor des Bethesda Spitals soll im Juni Stephan Bachmann ablösen.

image

BFS-Studie: Milliarden für Forschung und Entwicklung

2023 investierten Schweizer Privatunternehmen knapp 18 Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung. Gesundheit bleibt der wichtigste Fokus.

image

Forschung und Praxis: Synergien für die Zukunft

Dr. Patrascu erklärt im Interview die Verbindung von Forschung und Praxis an der UFL. Er beschreibt die Vorteile des berufsbegleitenden Doktoratsprogramms in Medizinischen Wissenschaften und zeigt, wie die UFL durch praxisnahe Forschung und individuelle Betreuung Karrierechancen fördert.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.