Am 12. Juni 2018 geht in Bern der wichtigste Branchenanlass der Schweizer Medtechindustrie über die Bühne, der
Swiss Medtech Day. Ein Highlight ist die Verleihung des Swiss Medtech Award, der hervorragende Leistungen in der Medizintechnik auszeichnet und erstmals mit 50'000 Franken dotiert ist.
Aus 25 Bewerbungen hat eine vierköpfige Jury zwei Zürcher Start-ups und ein gestandenes Baselbieter Unternehmen nominiert: Ava, Xeltis und Bühlmann Laboratories.
Gemäss Jury haben die Unternehmen Medizinprodukte mit hohem Patientennutzen entwickelt. Die neuen Technologien tragen nicht nur zur verbesserten Gesundheitsversorgung, sondern auch zu erhöhter Effizienz und Senkung der Kosten bei. Ausserdem wurden neue Arbeitsplätze geschaffen.
Ava: Fertilitäts-Tracker
Kein anderes Schweizer Start-up wird derzeit so gehypt wie
Ava, das mit seinem Fertilitäts-Tracker Frauen hilft, ihre fruchtbaren Tage zu erkennen und sich so den Kinderwunsch zu erfüllen. Das Sensor-Armband misst über Nacht neben der Temperatur acht weitere physiologische Parameter wie Atemfrequenz oder Puls und ermittelt über Algorithmen die fünf fruchtbaren Tage der Frau. Die erfassten Daten gelangen jeden Morgen via Smartphone-App von den Benutzerinnen zum Server von Ava und werden dort ausgewertet.
Laut dem Unternehmen gibt es täglich mehr als zehn neue Ava-Schwangerschaften. Mehrere klinische Studien am Universitätsspital Zürich sowie an weiteren Kliniken belegen die Genauigkeit von 89 Prozent in der Erkennung der fruchtbaren Tage. Seit der Markteinführung im Jahr 2016 in den USA und Europa wurden bereits mehrere zehntausend Bänder verkauft.
100 Mitarbeitende bis Ende Jahr
Am Standort in Zürich hat das Jungunternehmen über 45 Arbeitsplätze geschaffen und plant bis Ende 2018 weitere 20 Stellen zu besetzen. Daneben führt Ava Zweigstellen in San Francisco sowie Belgrad. Dieses Jahr wird ein Büro in Asien eröffnet. Bis Ende 2018 soll der Personalbestand auf 100 Mitarbeitende anwachsen.
Bereits hat Ava diverse Jungunternehmer-Preise gewonnen. Und wie verdaut der Highflyer das schnelle Wachstum und den Blitzerfolg? «Unsere derzeitigen Herausforderungen sind die Zusammenführung der Teams und Mitarbeiter. Wichtig ist, die Gründerkultur und den Spirit beizubehalten und gleichzeitig zu reifen», sagt CEO Pascal König.
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Xeltis: Künstliche Herzklappe
Xeltis: CEO Laurent Grandidier (PD)
Viele Babys werden mit einer geschlossenen oder gar ohne Lungenherzklappe geboren. Bisher war es bei Kindern üblich, diese durch ein Stück Vene vom Nacken einer Kuh zu ersetzen und eine Abstossung des fremden Gewebes durch medikamentöse Behandlung zu verhindern. Doch die biologische Herzklappe muss in der Regel nach fünf bis 15 Jahren erneuert werden - für Kinder, Eltern und Herzchirurgen ein Risiko und eine enorme Herausforderung.
Xeltis schafft Abhilfe mit einer künstliche Herzklappe, die sehr porös ist. Der Clou daran: Die nachwachsenden Blutgefässe füllen die Poren aus. Damit wird der Heilungsprozess initiiert, im Rahmen dessen das Implantat vom Körper absorbiert wird. Die Abwehrreaktion kann so vermieden werden; der Patient baut aus eigener Kraft eine neue Herzklappe auf. Stimuliert vom Implantat, bildet der Körper das fehlende Gewebe sogar in der richtigen Art, Grösse und Form gemäss seiner Ursprungsfunktion nach.
Natürlicher Therapieansatz
Dieser natürliche Therapieansatz bedeutete den Durchbruch für das Spin-Off der Universität Zürich. Im Rahmen von Machbarkeitsstudien wurden bei 12 Patienten in Europa und Asien erfolgreich Pulmonalklappen eingesetzt. Derzeit laufen weitere Studien in den USA. Heute forscht und arbeitet die Firma auch an der Entwicklung einer Aortenklappe für Erwachsene. Im Gegensatz zur flexiblen Version für im Wachstum befindliche Kinder ist hier eine stabile Lösung gefragt.
2021 plant die Firma mit Zweitsitz in den Niederlanden die Einführung der Pulmonalklappe in der EU und der Schweiz unter Herzchirurg Thierry Carrell am Berner Inselspital. Xeltis-CEO Laurent Grandidier schätzt den Markt für Pulmonalklappen in Europa und den USA auf 300 bis 400 Millionen Dollar. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 55 Mitarbeitende und soll bis 2021 auf rund 150 Stellen anwachsen.
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Bühlmann Laboratories: Schnelltest für Darmerkrankungen
Bühlmann Laboratories: Jakob Weber, Leiter Technologie und Innovation (links); Christian Reinhard, Product Manager (PD)
Bühlmann Laboratories hat einen Smartphone-basierten Schnelltest entwickelt, mit dem Patienten mit chronischen Darmerkrankungen erstmals zuhause selbst Messungen eines Biomarkers vornehmen und ihre Darmentzündungen überwachen und zusammen mit dem Arzt die Therapie entsprechend ausrichten können.
Beim Biomarker handelt es sich um Calprotectin, ein Kalzium bindendes Protein, das bei akuten und chronisch entzündlichen Prozessen im Stuhl der Patienten in hoher Konzentration nachgewiesen wird und sich damit zur Diagnose und zum Monitoring der Krankheit eignet. Bislang mussten die Patienten ihre Stuhlprobe selbst zur Analyse ins Labor oder zum Arzt bringen und bis zu mehreren Wochen auf die Ergebnisse warten.
2'000 Personen nutzen den Test
Angespornt durch das Aufkommen von E-Health-Applikationen und einer Anfrage vom Philips-Konzern trieb Bühlmann Laboratories die Entwicklung eines Schelltests für Heimanwendungen voran. Die Kombination aus einem Schnelltest, einem Stuhl-Extraktions-Gerät und einer Smartphone-App brachte den Durchbruch.
Der Test wird bisher weltweit von 2'000 Personen erfolgreich benutzt und ist in verschiedene Telemonitoring-Behandlungskonzepte eingebunden; Hauptmärkte sind Schweden, Kanada, Irland und Griechenland. Erste publizierte Daten zeigen, dass sich mit dem Heimtest zudem die Kosten für unnötige Arztbesuche und Endoskopien erheblich reduzieren lassen.
Bühlmann Laboratories wurde 1976 gegründet und ist in Schönenbuch (BL) ansässig. Die Firma hat mehrere Niederlassungen und beschäftigt rund 100 Mitarbeitende. Im Zusammenhang mit dem Schnelltest wurden 15 Stellen geschaffen.
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Der
Swiss Medtech Day findet am 12. Juni 2018 im Kursaal Bern statt.
Hier gehts zum vollständigen Programm.