Studie: Botox kann sich im Körper ausbreiten

US-Wissenschaftler weisen erstmals nach, dass das auch in der Medizin verwendete Nervengift Botulinumtoxin vom Ort der Injektion zu anderen Nervenzellen wandern kann.

, 5. August 2016 um 12:12
image
  • botox
  • forschung
  • schönheitschirurgie
Die Botulinumtoxine gehören zu den tödlichsten Substanzen überhaupt. Trotzdem wurden sie unter dem Namen Botox populär und finden auch in der Medizin Anwendung, etwa zur Behandlung von Migräne, Bewegungsstörungen oder von Falten. Die Toxine unterbinden Signale von den Nerven zu den Muskeln und erzeugen so Lähmungen, die Monate dauern können.
Die Möglichkeit, wonach die Toxine vom Ort der Injektion ins zentrale Nervensystem gelangen, konnte bislang nie bestätigt - aber auch nie ausgeschlossen werden. Die Befürchtung, dass sich Botox im Körper ausbreitet, führte dazu, dass die US-Zulassungsbehörde Food and Drug Administration 2009 eine Warnung ausgab. Danach können sich Symptome wie Muskellähmungen auch ausserhalb der Injektionsstelle zeigen und etwa zu lebensbedrohlichen Atemstörungen führen.

Toxine bewegen sich zwischen Neuronen

In einer neuen Studie liefert ein Team um Edwin Chapman, Forscher des Howard Hughes Medical Institute und Professor für Neurowissenschaften an der University of Wisconsin-Madison, erstmals «klare Beweise», dass sich Toxine zwischen Nervenzellen bewegen können. Die Studie wurde am Labor anhand von Mäuseneuronen durchgeführt. 
Chapman und sein Team wiesen nach, dass Toxine in Nervenzellen gelangen, in denen sie ursprünglich nicht zu finden waren und damit durchaus mobil sind. «Wie weit sie sich ausbreiten, ist noch nicht bekannt. Dies hängt natürlich auch von der Dosierung ab», wird Chapman in Fachmedien zitiert. 
Immerhin können seine Erkenntnisse den Weg ebnen für eine neue Generation Botox. So soll es dereinst möglich sein, die Struktur von Botolinumtoxin genetisch so zu verändern, dass es nur noch an der Stelle der Injektion wirkt. 
Gemäss dem US-Pharmakonzern Allergan, der mehrere Versionen von Botolinumtoxin vermarktet, betragen die weltweiten Botox-Verkäufe rund zwei Milliarden US-Dollar. 
Studie: 
Ewa Bomba-Warczak, Jason D. Vevey, Joel M. Brittain, Annette Figueroa-Bernier, William H. Tepp, Eric J. Johnson, Edwin R. Chapman: «Interneural Transfer and Distal Action of Tetanus Toxin and Botolinum Neurotoxins A and D in Central Neurons» - in: Cell Reports, August 2016
Siehe auch: 
«Botulinum study proves possibility of remote effects» - in: «Medicalxpress», 4. August 2016
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Herzstiftung zeichnet Nachwuchsforscherinnen aus

Srividya Velagapudi und Vanessa Biemmi erhalten für ihre Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen den Albrecht von Haller Young Investigator Award.

image

Studie: Herzmedikament könnte Metastasen stoppen

Ein Forscherteam von ETH, USB, USZ und KSBL fand heraus, dass das etablierte Herzmedikament Digoxin bei Brustkrebs Metastasen verhindern könnte.

image

CHUV: Aus Spenderstuhl wird Medizin

Das Universitätsspital Lausanne ist das erste Schweizer Spital mit Swissmedic-Zulassung zur Herstellung eines Medikaments aus Fäkalbakterien.

image

BFS-Studie: Milliarden für Forschung und Entwicklung

2023 investierten Schweizer Privatunternehmen knapp 18 Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung. Gesundheit bleibt der wichtigste Fokus.

image

Kampf gegen das Mittelmass: Die besten Medizin-Universitäten der Welt

Im «QS World University Ranking» erscheint die ETH als beste Schweizer Life-Sciences-Hochschule, und in der Zahnmedizin landen gleich zwei Schweizer Unis in den Top Ten. Immerhin.

image

Forschung und Praxis: Synergien für die Zukunft

Dr. Patrascu erklärt im Interview die Verbindung von Forschung und Praxis an der UFL. Er beschreibt die Vorteile des berufsbegleitenden Doktoratsprogramms in Medizinischen Wissenschaften und zeigt, wie die UFL durch praxisnahe Forschung und individuelle Betreuung Karrierechancen fördert.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.