Einheitlich bezahlte Umkleidezeit noch in weiter Ferne

Manche Spitäler sind bereit, die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu vergüten. Andere wiederum sperren sich dagegen. Eine schweizweite Einheitsregelung dürfte wohl noch lange auf sich warten.

, 16. Mai 2019 um 10:46
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Sie wird in mehreren Kantonen geführt, die Diskussion rund um die bezahlte Umkleidezeit. Manche Spitäler haben bereits umgestellt oder haben angekündigt, dies zu tun. Etwa die Schulthess-Klinik, das Unispital sowie das Kinderspital Zürich.
Anders zum Beispiel das Spital Limmattal: Nach Ansicht des Direktors unterstehe das Spital als Zweckverband gar nicht dem Arbeitsgesetz. Und würde man die Umkleidezeit als Arbeitszeit abgelten, müsste man die Mehrkosten andernorts einsparen.

St. Galler Regierung verteidigt gelebte Praxis

Der Zürcher Regierungsrat signalisierte vor ein paar Wochen, dass das Umziehen zur Arbeitszeit gehöre. Die St. Galler Regierung hingegen verteidigt die derzeit gelebte Praxis.
Der Forderung nach Anrechnung der Umkleidezeit als Arbeitszeit stehe die Kulanz der Spitalbereiche in anderen Bereichen der Arbeitszeit gegenüber, «insbesondere bei Pausenregelungen».

Diskussion verschiebt sich zur Pausenregelung

Aus finanziellen Überlegungen müssten die Spitäler im Gegenzug bisher grosszügige Pausenregelungen durch rigide Arbeitszeitkontrollen einschränken – und die Einhaltung der Pausen minutengenau kontrollieren. Dies sei nicht im Sinn einer einvernehmlichen Sozialpartnerschaft. 
Diese Meinung vertritt im Übrigen auch der für das Pflegepersonal zuständige Branchenverband «Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner» (SBK) Sektion SG/TG/AR/AI. Die Anrechnung von Umkleidezeiten und Pausenregelungen sei am runden Tisch zu verhandeln und einheitlich zu regeln. 

Der Ball liegt bei den Spitälern

Auch der Branchenverband der Spitäler H+ empfiehlt seinen Mitgliedern, Regelungen über eine allfällige Kompensation zur Anrechnung der Umkleidezeit auf betrieblicher oder regionaler Ebene gemeinsam mit den Sozialpartnern zu vereinbaren.
Betroffen von einer allfälligen Neuregelung sind neben dem Pflegepersonal auch Mitarbeitende wie Physio- und Ergotherapeuten, Ärzte sowie Mitarbeitende von Hotellerie, Putzdienst und der Patientenbegleitdienst.

Spitäler haben Angst vor Mehrkosten 

Wie die Gewerkschaft Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) ausgerechnet hat, arbeiten die Angestellten durch die nicht als Arbeitszeit angerechnete Umkleidezeit rund zwei Wochen pro Jahr gratis.
Würde ein Spital die Mitarbeitenden aber fürs Umkleiden bezahlen, würden sich die Kosten bei einem Regionalspital pro Jahr auf drei bis vier Millionen Franken belaufen, in einem grossen Spital auf zehn bis 20 Millionen Franken.

Kommt es zu einem Gerichtsprozess?

Es ist wahrscheinlich, dass schliesslich ein Gericht darüber entscheiden muss, ob das Umziehen als Arbeitszeit gilt oder nicht. Ausser die Sozialpartner können sich auf eine Lösung einigen.  
Die Gewerkschaft hat bereits mit einer Klage vor Gericht gedroht. Der Ausgang ist unklar. Die Juristen aus dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) betrachten eine Nichtanrechnung der Umkleidezeit beispielsweise als nicht rechtens. 
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