Während der Corona-Krise mussten Spitäler auf Geheiss des Bundes medizinisch nicht dringende Untersuchungen und Behandlungen ganz oder teilweise einstellen. Dies hat auch Auswirkungen auf den Arbeitssaldo der Angestellten. So mussten Mitarbeitende in der Pflege oder Ärzte bis zu 150 Minusstunden verbuchen.
Die Spitäler möchten die Minusstunden «nacharbeiten» lassen. Doch für den Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) und den Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) ist «das Nacharbeiten von Arbeitsstunden grundsätzlich zu unterlassen». Dies schreiben die beiden Berufsorganisationen
in einem gemeinsamen Faktenblatt, das von den juristischen Diensten der Verbände erarbeitet wurde.
Freie Kapazitäten als «Annahmeverzug»
Davon ausgenommen seien lediglich Angestellte, die beispielsweise mit selbst planbaren Arbeitszeiten in einem Jahreszeitmodell arbeiten. Weitere aufgrund der Pandemie entstandene freie Kapazitäten sollen ausdrücklich als sogenannter «Annahmeverzug» registriert werden.
«Diese Stunden sind folglich als bezahlte Absenz aufgrund fehlender Arbeit im Kontext der Pandemie zu erfassen, zählen nicht als Minusstunden und müssen demnach ebenfalls nicht nachgearbeitet werden», steht im Schreiben zur rechtlichen Situation zu lesen.
H+: VSAO hat Gespräche abgebrochen
«Es kann nicht sein, dass Mitarbeitende im Gesundheitswesen ausbaden müssen, was sie nicht verschuldet haben», sagt Marcel Marti vom VSAO
dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1. Marti ist stellvertretender Geschäftsführer des Verbands.
Die Verantwortlichen bei H+ wollten SRF kein Interview geben. Schriftlich teilt der Verband der Spitäler mit, dass der VSAO gemeinsame Gespräche in dieser Sache abgebrochen habe. «H+ hat Verständnis für das eilige Vorgehen des VSAO, will aber zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Kommentare abgeben, um die Chancen beim Neuanfang der Verhandlungen nicht zu kompromittieren.»
Bei Minusstunden muss man laut den beiden Gesundheitsberufsverbänden verschiedene Konstellationen unterscheiden. Im Zusammenhang mit der Pandemie seien zwei von Bedeutung:
- Unterplanung: Die bewusste Planung von Diensten, die das im Arbeitsvertrag festgelegte Pensum um mehr als einen Arbeitstag pro Monat unterschreiten, was seitens Arbeitgeber einen Annahmeverzug darstellt.
- Kurzfristige Absage geplanter Dienste wegen kurzfristiger Abnahme der Nachfrage: Diese Situation gilt wie Punkt 1 als unternehmerisches Risiko und Annahmeverzug. Ihre Folgen dürfen deshalb nicht auf das Personal überwälzt werden.