Wegen der Schliessung der Praxiskette «Mein Arzt» sehen sich nun andere Praxisbetreiber unter Generalverdacht. Der Besitzer der «Mein-Arzt»-Gruppe, Christian Neuschitzer,
ist verhaftet worden. Gegen ihn läuft ein Verfahren wegen des Verdachts auf Vermögensdelikte.
Warnung vor Investoren ohne Arzttitel
Neuschitzer ist ein reiner Investor ohne Arztausbildung. Der Aargauische Ärzteverband
warnte deshalb bereits davor, dass fremde Geldgeber Arztpraxen aufkaufen.
Doch gegen dieses Voruteil setzen sich andere Praxisketten-Betreiber zur Wehr. Zum Beispiel Monvia. Das Tochterunternehmen der Krankenversicherung Concordia betreibt acht Gesundheitszentren. Deren Direktorin Patricia Kellerhals fürchtet, dass alle Praxisgruppen, die nicht ärztlich organisiert sind, in ein schlechtes Licht gerückt würden.
Kantonsbehörden haben «Mein Arzt» gewähren lassen
Sie kritisiert, dass im Fall der Arztpraxen von «Mein Arzt» die kantonalen Behörden nicht genug streng waren und Verstösse akzeptiert hätten. «Nun allen Betreibern vorzuwerfen, dass sie so arbeiten, ist unseriös», sagt sie.
Kellerhals ist gleichzeitig Präsidentin der Interessensgemeinschaft für die medizinische Grundversorgung der Schweiz (IGMG): Ein Zusammenschluss von acht Unternehmen, die Ärztezentren betreiben, «auch mit dem Ziel, uns von den nicht seriösen Unternehmen zu differenzieren», wie Patricia Kellerhals sagt.
Ist eine rein ärztliche Führung überhaupt zeitgemäss?
Sie betont, wie wichtig Praxisgruppen seien: Für die ärztliche Versorgung auf dem Land brauche es Praxisketten mit einer zentralen Organisation. Kellerhals ist der Meinung, dass gut geführte Arztpraxen das Know-How aus verschiedenen Bereichen bräuchten.
Vorsichtig gibt sie sogar zu bedenken: «Eine rein ärztliche Führung ist nicht zwingend zeitgemäss, um bei der Mitarbeiterführung, dem Qualitätsmanagement und der Digitalisierung das Optimum zu erreichen.» Kellerhals führt ausserdem ins Feld, dass es auch bei jenen Praxisgruppen schwarze Schafe gebe, die unter ärztlicher Leitung stehen.