Wegen falschen Zahlen: Pflegeversorgung sinkt massiv

International ist die Schweiz bezüglich der Dichte an Pflegefachpersonen nur Durchschnitt. Dies zeigen neue Zahlen.

, 4. Juli 2019 um 09:52
image
Lange Zeit galt die Schweiz als Mass aller Dinge. Zumindest was die Dichte der diplomierte Pflegefachpersonen anging. 18 Pflegefachkräfte kamen auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner - dies zumindest meldete das Bundesamt für Statistik (BFS) bisher an die OECD. Mit diesem Wert lag die Schweiz im Ländervergleich der internationalen Organisation an der Spitze. Dies zum Unmut des Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen (SBK).
Der Grund: Für den Verband waren die Zahlen geschönt. Denn das BFS zählte etwa auch Fachfrauen/Fachmänner Gesundheit für die Statistik dazu. So stand die Schweiz im internationalen Vergleich besser da, als sie es eigentlich war.

Sparen mit falschen Argumenten

Negative Auswirkungen befürchtete der SBK deshalb aber vor allem innenpolitisch, wie er  am Donnerstag in einer Mitteilung schreibt: «Diese aufgeblähten Zahlen hatten dazu geführt, dass der Pflegenotstand von einflussreichen Akteuren im Gesundheitsbereich negiert wurde, mit dem Argument, es gebe mehr als genug Pflegefachpersonen in der Schweiz». Das habe den Spardruck erhöht und die Pflegeversorgung zu verschlechtern gedroht.

Schweiz fällt zurück

Die SBK forderte deshalb vom BFS eine Änderung der statistischen Erfassung. Nun lenkten die eidgenössischen Statistiker ein. Weil nun nur noch die diplomierten Pflegefachkräfte gezählt werden sinkt der Wert auf  11,4 diplomierte Pflegefachpersonen pro 1000 Personen. Und anstatt ganz zuforderst liegt die Schweiz im internationalen vergleich damit nur noch im vorderen Mittelfeld (siehe Grafik unten). Klarer neuer Spitzenreiter ist Norwegen. Dort kommen auf 1000 Menschen 17,5 Pflegefachkräfte. 
image

Pflegefachkräfte ächzen unter Engpässen

In der Schweiz zeigten die am Mittwoch publizierten Ergebnisse einer Umfrage auf, dass personelle Engpässe im Pflegebereich ein grosses Thema und Problem ist.
In einer früheren Version dieses Artikels stand fälschlicherweise, dass die Fachkräftedichte um 63 Prozent gesunken sei. Korrekt ist, dass diese um 37 Prozent sank.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Warum das Zulassungsrecht den Ärztemangel verschärft

Ausländische Fachpersonen sind für die Funktionsfähigkeit des Schweizer Gesundheitswesens unerlässlich. Das neue Zulassungsrecht droht die Versorgung zu gefährden, indem es den Zugang ausländischer Fachkräfte erschwert. Wie kann diese nachteilhafte Entwicklung korrigiert werden?

image

Todesfall vor geschlossener Notaufnahme: Ermittlungen eingestellt

Im Jahr 2020 verstarb eine Person vor der Notaufnahme des Freiburger Spitals in Tafers, die zu war. Doch selbst bei geöffneter Station hätte das medizinische Team die Patientin nicht retten können.

image

Das ist der neue Chefarzt der Berner Herzchirurgie

Alexander Kadner, langjähriger Kaderarzt der Insel Gruppe, wird neuer Chefarzt an der Berner Universitätsklinik für Herzchirurgie.

image

Solothurner Spitäler müssen neuen CEO suchen

Die Solothurner Spitäler stehen vor der Aufgabe, einen neuen CEO zu finden. Martin Häusermann beabsichtigt, im nächsten Jahr von seinem Amt zurückzutreten.

image

Swiss Medical Network: Eigentümer im Visier der Börsenaufsicht

Die Schweizer Börse hat eine Untersuchung gegen die Beteiligungsgesellschaft Aevis Victoria eröffnet, zu der auch die Privatklinik-Gruppe Swiss Medical Network gehört. Es geht um börsenkursrelevante Tatsachen.

image

«Gewalt findet oft unter dem Radar statt»

Eine Umfrage von Medinside zeigt: verbale und körperliche Gewalt in Schweizer Spitälern nimmt weiter zu, Zahlen werden jedoch kaum erfasst.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.