Schweizer Hausärzte im internationalen Vergleich

Haus- und Kinderärzte in der Schweiz sehen pro Woche doppelt so viele Patienten wie in Schweden. Trotzdem scheinen sie den Stress noch viel besser wegzustecken als ihre Kollegen in Schweden.

, 16. Dezember 2019 um 11:00
image
  • ärzte
  • praxis
  • burnout
Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz behandeln pro Woche rund 80 Patienten in der Grundversorgung. Gleich viele wie Haus- und Kinderärzte in den USA oder in Norwegen. Dies zeigt ein grosser Vergleich mit Grundversorgern aus elf Ländern: Australien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Kanada, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz und USA.
image
Screenshot Commonwealth Fund

Doppelt so viele Patienten in Deutschland

Am wenigsten Patienten sehen Ärzte in Schweden. Gleichzeitig verbringen Hausärzte in Schweden logischerweise am meisten Zeit mit ihren Patienten. Grundversorger in Deutschland hingegen empfangen mit Abstand die meisten Patienten. 
Anderseits schätzen fast zwei Drittel der Grundversorger in Schweden ihre Arbeit als «äusserst stressig» oder «sehr stressig» ein. In der Schweiz fällt der Anteil dieser vulnerablen Gruppe eher niedrig aus. Die Eidgenossenschaft belegt den drittbesten Rang.
image
Screenshot Commonwealth Fund
Ärztinnen und Ärzte in der Grundversorgung – Situation in der Schweiz und im internationalen Vergleich. Analyse des International Health Policy (IHP) Survey 2019 der amerikanischen Stiftung Commonwealth Fund im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).

Erlebter Stress nimmt deutlich zu

Dennoch zeigt sich auch in der Schweiz und in fast allen befragten Ländern seit 2015 eine bedeutende Zunahme von sehr gestressten oder äusserst gestressten Ärzten. Besonders in Ländern mit einem bisher relativ niedrigen Anteil zeigen sich die stärksten Zunahmen.
Der Trend ansteigender Anteile sei ein «alarmierendes Ergebnis» für die Schweiz und alle anderen befragten Länder, schreiben die Studienautoren der Stiftung Commonwealth Fund.
Weitere Resultate:
  • Das Schweizer Gesundheitssystem erzielte im Vergleich den ersten Rang: 92,7 Prozent der Befragten beurteilen die Leistungen des Systems als gut oder sehr gut.
  • Positiv beurteilt werden hier insbesondere die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit den Spezialärzten sowie auch der Zugang zu medizinischen Leistungen. 
  • Am ehesten wird Potenzial in der Verbesserung der Koordination der medizinischen Grundversorgung verortet.
  • Nicht überraschend stellt in vielen Bereichen der ärztlichen Praxistätigkeit auch in der Schweiz der durch administrative Arbeiten verursachte Zeitaufwand ein Problem dar.
  • Das E-Mail hat das Fax und den Brief als das häufigste Kommunikationsmittel in der Schweizer Gesundheitsbranche deutlich abgelöst.
  • Entgegen dem internationalen Trend arbeiten in der Schweiz seit 2012 deutlich weniger Ärzte mit Case Managern zusammen.
  • In der Schweiz dokumentieren zunehmend mehr Ärzte in der Grundversorgung die Krankengeschichte elektronisch. Im Vergleich belegt die Schweiz allerdings den letzten Rang.
  • Die Schweiz holt bei der Nutzung von eHealth-Instrumenten zwar auf, ist aber im internationalen Vergleich nach wie vor auf den hinteren Rängen.
  • Fast die Hälfte der Ärzteschaft in der Schweizer Grundversorgung wollen sich in den nächsten Jahren dem elektronischen Patientendossier (EPD) anschliessen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

image

«Wenn Notfall-Praxen schliessen, wird es doppelt so teuer»

Ein Ex-Spitaldirektor warnt: Wenn die Kassen Notfall-Praxen keine Dringlichkeitspauschale mehr vergüten, wird es für alle sehr teuer.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

Freie Praxisflächen an bester Lage in Oensingen

Im Glasgebäude in Oensingen, das direkt an der Autobahn A1 liegt, steht gesamthaft eine Fläche von 2'346 Quadratmeter zur Verfügung. Sie eignet sich für vielfältige Nutzungen vor allem im Medizin- und Gesundheitsbereich: Zum Beispiel für Facharztpraxen, Fitnesscenter, Physiotherapie etc.

image

Kantonsspital Aarau eröffnet weiteres Praxiszentrum

Die neue «Walk-in-Praxis» in Lenzburg soll die regionale Grundversorgung stärken – und die Notfallstation des KSA entlasten.

image

Vista setzt Expansion fort – drei weitere Standorte

Die Ophthalmologie-Gruppe hat das Augenzentrum Muttenz-Pratteln übernommen.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.