Schwangerschaftsvorsorge hängt vom Wohnort ab

Schwangere Frauen werden in der Schweiz je nach Region unterschiedlich auf Infektionen getestet. Gynäkologen würden nationale Richtlinien begrüssen, wie eine Befragung des Inselspitals zeigt.

, 26. Juli 2016 um 08:45
image
In der Schweiz werden alle schwangeren Frauen auf die Infektionen Streptokokken, Hepatitis B und HIV getestet - so, wie es den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) entspricht. 
Dagegen werden andere Infektionen wie Cytomegalie, Syphilis oder bakterielle Infektionen je nach Region unterschiedlich getestet. Nur knapp jeder fünfte Fachmediziner (18 Prozent) zeigt sich hierüber gut genug informiert. Dies zeigt eine im Fachjournal Swiss Medical Weekly veröffentlichte Studie des Inselspitals.  

Röstigraben in der Schwangerschaftsvorsorge

Syphilis wurde in Genf und der Nordwestschweiz fast flächendeckend getestet (96 und 92 Prozent), aber zur zu 73 in der Ostschweiz und nur zu 65 Prozent in Zürich. 
88 Prozent testen auf Röteln und 52 Prozent auf Varizellenimmunität. Der nicht empfohlene Toxoplasmose-Test wurde in Genf (47 Prozent) am häufigsten durchgeführt, am wenigsten in der Ostschweiz (11 Prozent). 
Infektionen des Genitaltrakts nahmen Gynäkologen in der Deutschschweiz und im Tessin sehr ernst, weniger aber die Walliser. Dagegen testen Genf und die Zentralschweiz eher auf Hepatitis C (61 und 54 Prozent) als die Ostschweiz (19 Prozent). 

Nationale Richtlinien gefordert

Drei Viertel der Gynäkologen würden klare nationale Richtlinien für sämtliche Infektionen in der Schwangerschaft begrüssen. «Denn so könnten alle Frauen eine vergleichbare Schwangerschaftsvorsorge in höchster Qualität erhalten», so das Fazit der Studie. 
Die Befragung wurde von den Universitätskliniken für Frauenheilkunde und Infektiologie am Inselspital in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern sowie mit der Frauenheilkunde des Waadtländer Universitätsspitals CHUV und dem Kinderspital St. Gallen durchgeführt. Befragt wurden alle Mitglieder der SGGG; etwa die Hälfte hat teilgenommen. 
Zur Studie:
Karoline Aebi-Popp, Christian Kahlert, Andri Rauch, Beatrice Mosimann, David Baud, Nicola Low, Daniel Surbek: «Heterogenity in testing practices for infections during pregnancy: national survey across Switzerland» - in: Swiss Medical Weekly, Juli 2016
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ein Oensinger Gesundheitszentrum betreibt den ersten «Medicomat» in der Schweiz

Das Gerät im Vitasphère-Gesundheitszentrum funktioniert wie ein Getränkeautomat. Doch statt Flaschen gibt der Automat rund um die Uhr Medikamente heraus.

image

Abnehmspritzen wirken – aber unabhängige Daten fehlen

Die Datenlage bei Abnehmspritzen ist einseitig: Fast alle Studien stammen von den Herstellern selbst. Forschende warnen vor Interessenkonflikten – und fordern unabhängige Langzeitstudien.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Spital Menziken bietet Sprechstunden bei LUKS-Gynäkologin

Eine Gynäkologin aus dem luzernischen Sursee betreut Patientinnen im aargauischen Menziken. Die neue Spital-Direktorin in Menziken, Sandra Lambroia Groux, strebt noch mehr Zusammenarbeit an.

image

Studie: Immuntherapie steigert Überlebenschancen bei Lungenkrebs

Eine Studie des Kantonsspitals Baden und des Unispitals Basel zeigt: Wenn Patienten mit Lungenkrebs schon vor der Operation eine Immuntherapie erhalten, überleben deutlich mehr von ihnen die ersten fünf Jahre.

image

LUKS: Kinderwunschzentrum führt genetische Embryontests ein

Das Kinderwunschzentrum des Luzerner Kantonsspitals nutzt neu Präimplantations-diagnostik, um Embryonen vor dem Transfer genetisch zu prüfen.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.