SAP-Umstellung: Warum dieses Kantonsspital «Geld verbrannte»

Das Luzerner Kantonsspital (Luks) weist für das vergangene Jahr einen negativen operativen Cash-Flow von über 100 Millionen Franken aus. Grund ist die verzögerte Rechnungstellung infolge der SAP-Einführung.

, 23. April 2019 um 05:00
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Ein neues Betriebssystem soll Kosten sparen und administrative Prozesse effizienter gestalten. Zum Beispiel: Rechnungen auf Knopfdruck generieren. Dass die Einführung auch im Digitalisierungs-Zeitalter eine harzige Angelegenheit sein kann, zeigt das Beispiel der SAP-Einführung am Luzerner Kantonsspital (Luks). 
Dort führte die Umstellung auf SAP im vergangenen Jahr zu einer massiven Verzögerung der Rechnungstellung. Dies zeigen aktuelle Geschäftszahlen. Ende Jahr wies das Luks über 238 Millionen Franken nicht abgerechnete Leistungen aus. Diese wurden erfasst, aber nicht fakturiert. In den Vorjahren betrug dieser Wert jeweils gegen 100 Millionen Franken.
Als Grund für die mehr als Verdopplung gibt das Spital im Geschäftsbericht «die Einführung von SAP im Jahr 2018» an. Diese «führte zu einer Verzögerung der Rechnungsstellung». Welche Gründe dafür konkret verantwortlich waren, geht aus dem Geschäftsbericht nicht hervor. Es handelte sich um ein «internes Schnittstellen-Problem», wie das Kantonsspital auf Anfrage präzisiert.

Liquide Mittel um fast 80 Prozent geschmolzen

Auf den Stichtag bezogen führte die Zunahme der 140 Millionen Franken nicht verrechneter Leistungen zu einem negativen operativen Cash-Flow: von über 111 Millionen Franken. Umgangssprachlich wird ein negativer Cash-Flow auch als «Geldverbrennung» bezeichnet. Im Vorjahr war der operative Geldfluss mit 70,6 Millionen noch im positiven Bereich. 
Der negative Cash-Flow wirkte sich auch auf die Veränderungen der flüssigen Mittel aus: Diese nahmen im Jahr 2018 von 38,6 Millionen Franken auf 7,3 Millionen Franken ab. Die liquiden Mittel im Verhältnis zum kurzfristigen Fremdkapital haben von über 18 Prozent auf unter 4 Prozent abgenommen. Es kam dem Luks zufolge aber zu keinen finanziellen Ausfällen oder Liquiditätsengpässen. Das Spital hat im vergangenen Jahr aber eine Anleihe von 150 Millionen Franken aufgenommen. 

Schwierigkeiten bei der Medikamenten-Bestellung

Die Fakturierungs-Performance der Vorjahre sei wieder erreicht, schreibt das Luzerner Kantonsspital im Geschäftsbericht weiter. Jedoch müsse zusätzlich der Rückstand aus dem verzögerten Rechnungsversand abgebaut werden. Dies erfolge im Verlaufe des Jahres 2019.
Es ist nicht das erste Mal, dass die SAP-Einführung beim Luks für Schlagzeilen sorgt: Vor einem Jahr war bekannt geworden, dass Mitarbeitende bei spitalinternen Medikamente-Bestellungen Mängel geäussert hatten. Auch im internen Newsletter war von Lieferdifferenzen und -rückständen die Rede. Angestellten mussten einige Überstunden leisten, um die Prozesse zu optimieren.
«Letztlich ist eine solche Software nicht im Vornherein bis ins letzte Detail programmierbar», sagte Luks-Stabschef Guido Schüpfer im Frühling vor einem Jahr zur «Luzerner Zeitung».

Kantonsspital sucht derzeit SAP-Leiter

Knapp 11 Millionen Franken kostete die SAP-Software. Das Gesamtprojekt umfasste die Bereiche Zentrum für Spital-Pharmazie (ZSP), Einkauf und Logistik, Finanzen/ Controlling und Patienten-Administration.
Dass der Aufgabenbereich rund um die Umstellung auf SAP ein «sehr anspruchsvoller und vielseitiger Aufgabenbereich ist», bestätigt das Luzerner Kantonsspital (Luks) auch in einer aktuellen Stellenanzeige.
Für die Leitung des Betriebes und die Weiterentwicklung des neuen SAP sucht das Kantonsspital per sofort einen neuen Leiter SAP CCoE (Customer Center of Expertise). Dieser soll mit dem Team einen stabilen, geordneten und hochverfügbaren Betrieb des neuen SAP/ERP sicher stellen. Zudem nehme der neue «SAP-Profi» eine Schlüsselrolle zwischen den Anwendern und den Betriebsverantwortlichen wahr.
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