Heute wird die Fertigkeit von Chirurginnen oder Chirurgen durch Experten geprüft, entweder direkt während einer Operation oder durch die Auswertung von Videomaterial. Ob ein Chirurg gut oder mässig operiert, hat direkte Auswirkungen auf das Operationsergebnis.
Weil dieses herkömmliche Verfahren sehr aufwendig ist und nur eine begrenzte Anzahl von (subjektiven) Experten zur Verfügung steht, werden Versuche unternommen, die Beurteilung zu automatisieren und auch zu objektivieren.
Genauigkeit der Algorithmen «überrascht» Experten
Einem Team des Berner Inselspitals ist es nun gemeinsam mit einer Medtech-Firma gelungen, die «Machbarkeit» einer auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Beurteilung dieser Fertigkeiten nachzuweisen. Untersucht wurden über 240 Videos von Eingriffen zur Entfernung der Gallenblase.
Dabei identifizierte die eingesetzte KI gute beziehungsweise mässige chirurgische Fertigkeit mit einer Treffgenauigkeit von 87 Prozent. «Überraschend war die grosse Genauigkeit der Algorithmen mit der gewählten Methode», sagt Joël Lavanchy, Oberarzt für Viszerale Chirurgie am Universitätsspital Bern.
Dreistufiger Ansatz
Das Forschungsteam verwendete einen dreistufigen Ansatz:
- In einem ersten Schritt wurden die verwendeten Instrumente identifiziert. Dazu wurde ein Convolutionales Neurales Netzwerk (CNN) zur Erkennung von Instrumenten trainiert.
- Im zweiten Schritt wurden die Bewegungen analysiert und deren Muster extrahiert.
- In einem dritten Schritt wurden die extrahierten Bewegungsmuster unter Verwendung einer linearen Regression mit der Beurteilung durch Experten korreliert.
Die Studie ist ein erster Schritt
Nachdem die Machbarkeit abgeklärt wurde, könne man nun die Planung von Assistenz-Systemen in Angriff nehmen, erklärt Studienleiter Guido Beldi. Diese würden Chirurgen während des Eingriffs unterstützen. Beispielsweise könne so auf Ermüdungen hingewiesen werden, so der Leitende Arzt Viszerale und Transplantationschirurgie am Inselspital.
Bis die Technologie zur Beurteilung der Fertigkeit von Chirurgen in der klinischen Praxis aber eingesetzt werden könne, seien noch vertiefende Schritte nötig. Zum einen müssten die KI-Algorithmen trainiert werden. Weiter wollen die Forscher zusätzliche OPs untersuchen und auch Videos von weiteren Operationen analysieren.