Eine am Freitag veröffentlichte Studie zu oralen Kontrazeptiva ging der Frage nach, ob die neuen und modernen Pillen der dritten und vierten Generation wirklich ein therapeutischer Fortschritt sind.
Der von der
Techniker Krankenkasse (TK) gemeinsam mit der Universität Bremen erstellte
«Pillenreport» kommt zum Ergebnis: Neuere Anti-Baby-Pillen sind im Vergleich zu ihren Levonorgestrel-Vorgänger, die zur zweiten und damit älteren Pillen-Generation gezählt werden, riskanter.
«Neu nicht immer gleich besser»
«Aber neu ist nicht immer gleich besser, im Gegenteil: Die Pillen der früheren Generationen schützen genauso gut vor einer ungewollten Schwangerschaft und haben ein geringeres Thromboserisiko», so Glaeske, der seit 1999 an der Universität Bremen als Professor für Arzneimittelversorgungsforschung lehrt und forscht.
Reine Haut und weniger Schmerzen
Die ältere Pillen-Generation (2. Generation) verhüten laut dem Report also genauso sicher wie neuere Präparate der dritten und vierten Generation. Warum werden dann die moderneren Pillen trotz grösserem Risiko vermeintlich besser angesehen und wesentlich häufiger verschrieben?
Die Antwort auf diese Frage beantwortet die Studie wie folgt: Die Pillen der neueren Generation seien gezielt weiterentwickelt worden, um beispielsweise für eine reinere Haut zu sorgen oder Schmerzen während der Periode zu lindern. Dies könnte vor allem auch für junge Frauen interessant sein.
Mehr Aufklärung gefordert
Und da wird der Vorwurf der Techniker Krankenkasse an die Hersteller laut: Diese wollen die neue Anti-Baby-Pille als Lifestyleprodukt vermarkten – trotz erhöhter Risiken, so der latente Vorwurf.
In den Achtzigerjahren gehörte die Pille zum selbstbestimmten Leben einer Frau. «Jetzt beobachten wir, dass sie gezielt weiterentwickelt wird, um bestimmten Schönheitsidealen näherzukommen und zu einem Lifestylepräparat wird», sagt Studien-Mitautorin Professor Petra Thürmann, Direktorin des
Philipp-Klee-Instituts für klinische Pharmakologie. Die Pille als Lifestyle-Produkt?
Aus diesem Grund fordern die Studienautoren Ärzte und pharmazeutische Unternehmen auf, Kunden besser über etwaige Risiken aufzuklären. Im schlimmsten Fall könne eine Thrombose zu einer Lungenembolie und damit zum Tode führen, sagt Glaeske. Das Risiko dafür liege bei etwa 0,05 Prozent.
«Derzeit sehen wir die Informationshoheit eindeutig bei der pharmazeutischen Industrie und engagieren uns deswegen dafür, dass sich junge Frauen besser über Risiken und Nebenwirkungen informieren. Denn: Es handelt sich um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel und nicht um ein Lifestyle-Produkt.»