Weil der Schweizer Apothekenverband Pharmasuisse gegen ihn klagte, musst der Chef der Versandapotheke «Zur Rose» vor dem Bezirksgericht Frauenfeld antraben.
Vorwurf: Unlauterer Wettbewerb
Pharmasuisse warf Walter Oberhänsli Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz und Vergehen gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb vor. Vergeblich. Die Richter kamen zu einem anderen Urteil als der Apothekenverband.
Weder der Versand von rezeptfreien Medikamenten noch die Entschädigungen für elektronisch rezeptierende Ärzte sind strafbar. Deshalb wurde Oberhäsli vollumfänglich freigesprochen.
«Nur an Umsatz und Gewinn orientiert»
«Wir können das Urteil nicht nachvollziehen», kommentiert Pharmasuisse-Sprecherin Stephanie Balliana das Urteil. «Zur Rose» habe mit ihrem Geschäftsmodell bewusst das geltende Recht umgangen. Und weiter: «Das Urteil zeigt, dass für Unternehmer andere Regeln gelten als für uns anderen.» Das Modell ohne Fachberatung oder individuelle Betreuung sei an Umsatz und Gewinn orientiert. Es biete keinen Beitrag zur Patientensicherheit und zur medizinischen Grundversorgung.
Ganz anders sieht das die Versandapotheke: «Wir sehen uns in unserem Anliegen bestärkt, die Gesundheitsversorgung dank der Digitalisierung kostengünstiger, besser zugänglich und sicherer zu gestalten», teilte Walter Oberhänsli unmittelbar nach dem Urteil mit.
Ist Versandverbot ein «anachronistisches Relikt»?
Das Versandverbot von rezeptfreien Medikamenten sieht er als «anachronistisches Relikt, welches in Corona-Zeiten sogar als gesundheitsschädigend zu beurteilen ist.»
Auch bei den elektronischen Rezepten doppelt er nach dem Gerichtsurteil umso kräftiger nach: «Dringend wäre nun die verpflichtende Einführung des elektronischen Rezepts, nachdem zahlreiche Studien belegen, dass dieses die Patientensicherheit erhöht und Folgekosten, wie sie durch Medienbrüche und das Fehlen digitalisierter Prozesse entstehen, vermeidet.»
Verband findet Geschäftsmodelle weiterhin widerrechtlich
Pharmasuisse, dem 1500 Apotheken angehören, beklagt derweil eine ganz andere Signalwirkung des Urteils. Es zeige, dass sich Unternehmer nicht ums Gesetz kümmern müssten und mit widerrechtlichen Geschäftsmodellen viel Geld verdienten. Vor Gericht könnten sie eh auf Freisprüche zählen.