Nur halb zufrieden mit den Plänen des Bundesrats sind die Berufsverbände der psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Sie finden es zwar «markant besser», dass künftig eine ärztliche Verordnung genügt, damit die Grundversicherung eine Psychotherapie bezahlt.
Derzeit bezahlt die Grundversicherung nämlich nur dann Psychotherapien, wenn sie unter der Aufsicht und in den Räumen eines Arztes gemacht werden. Therapiestunden bei einem Psychologen oder einer Psychologin mit eigener Praxis müssen die Patienten selber bezahlen.
Schon nach 15 Sitzungen ein neuer Arzttermin: Unnötiger Aufwand?
Neu sollen Ärzte – wie bei Physiotherapien – eine Verordnung ausstellen können, die zum Bezug einer bestimmten Anzahl kassenpflichtiger Therapiestunden berechtigt. Doch genau an dieser bestimmten Anzahl stören sich die Berufsverbände: Der Bundesrat will, dass die Ärzte lediglich 15 Sitzung aufs Mal anordnen können.
Das würde bedeuten, dass bereits nach fünfzehn Sitzungen wieder ein Arzttermin vereinbart werden muss, um eine zweite Anordnung für weitere fünfzehn Sitzungen zu erhalten. «Damit wird unnötiger administrativer Aufwand generiert», kritisiert Gabriela Rüttimann, Präsidentin der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP), in einer Medienmitteilung. «Fünfzehn Sitzungen reichen in vielen Fällen nicht aus, vor allem wenn Kinder oder Jugendliche betroffen sind, bei denen oft umfangreiche Abklärungen auch im Umfeld notwendig sind.»
Nach 30 Sitzungen ein Bericht an den Kassenarzt
Auch der Vorschlag, dass neu bereits nach dreissig Sitzungen ein Bericht an den Vertrauensarzt der Krankenkasse fällig werden soll, um die Therapie fortsetzen zu können, stösst auf Widerstand bei den Verbänden. Heute muss ein solcher Bericht erst nach vierzig Sitzungen verfasst werden.
Schliesslich wehren sich die drei Psychologie- und Psychotherapieverbände auch gegen die geplante Beschränkung der Sitzungsdauer auf sechzig Minuten. Das sei unzweckmässig, weil wichtige Behandlungsformen damit verunmöglich würden. Als Beispiele geben sie an: Kriseninterventionen, Abklärungen bei Kindern und Jugendlichen, Expositionen bei Ängsten und Psychotherapien mit Dolmetschern.
BAG will Zugangshürden abbauen und Wartefristen senken
Mit dem neuen Modell will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Zugangshürden abbauen und dafür sorgen, dass Therapien frühzeitig beginnen können, bevor es zu chronischen Erkrankungen komme. Zudem hofft das BAG, dass es mit dem neuen Modell zu weniger langen Wartefristen – vor allem in ländlichen Regionen sowie bei Kindern und Jugendlichen kommt.
Es gibt aber Kritiker. So fürchtet Erich Seifritz, Psychiatrie-Chefarzt der Psychiatrischen Uniklinik Zürich (PUK), dass mehr Therapien verordnet würden und deshalb höhere Gesundheitskosten drohten.
Verdienen Psychiater mit dem alten Modell mehr?
Die Psychologen kontern solche Kritik: Sie vermuten, dass die Psychiater bloss um ihre Einnahmen fürchteten. Mit dem bisherigen Modell würden Psychiater daran verdienen, dass sie Psychologen für sich arbeiten lassen.