Melanom nicht erkannt – Arzt muss zahlen

Weil er eine Hautkrebserkrankung nicht rechtzeitig erkannt hat, muss ein Dermatologe aus Deutschland eine sechsstellige Summe Schmerzensgeld zahlen.

, 26. November 2015 um 10:59
image
  • melanom
  • hautkrebs
  • deutschland
  • praxis
  • recht
  • kunstfehler
Ein Hautarzt einer Gemeinschaftspraxis aus Paderborn erkannte bei einer Patientin eine Hautkrebserkrankung nicht. Er muss jetzt 100’000 Euro Schmerzensgeld an die Hinterbliebenen zahlen.
Das hat das Oberlandesgericht Hamm in einem veröffentlichten Urteil mitgeteilt. Das Gericht machte den Hautarzt «in der Gesamtheit» für den groben Behandlungsfehler verantwortlich.

Untersuchung reichte nicht aus

Die Frau war 2009 mit einem verfärbten Zehennagel wegen einer Stossverletzung in die Praxis gekommen. Der Arzt ging von einer Blutung aus und veranlasste keine vollständige histologische Gewebeuntersuchung, sondern nur eine Nagelprobe. Diese war unauffällig.
Weitere Behandlungen oder Untersuchungen unterblieben. Erst nachdem sich die Verfärbung auch im Folgejahr nicht zurückgebildet hatte, suchte die Patientin erneut einen Hautarzt auf, der schliesslich die Krebserkrankung diagnostizierte.

Richter: «Grob behandlungsfehlerhaft»

Im Dezember 2013 starb die Frau an den Folgen der Erkrankung. Es hatten sich inzwischen Metastasen in Lunge und Lymphknoten gebildet.
Bei einer rechtzeitigen Diagnose hätte die Frau laut Gericht hypothetisch eine Chance gehabt, wieder zu genesen, auch wenn eine Amputation des Zehen-Gelenks nicht zu vermeiden gewesen wäre. Deshalb sei die Schmerzensgeld-Forderung berechtigt, befanden die Richter. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ein Oensinger Gesundheitszentrum betreibt den ersten «Medicomat» in der Schweiz

Das Gerät im Vitasphère-Gesundheitszentrum funktioniert wie ein Getränkeautomat. Doch statt Flaschen gibt der Automat rund um die Uhr Medikamente heraus.

image

Walliser Hausarzt übersah Aneurysmaruptur – verurteilt

Die Patientin erlitt Hirnblutungen. Das Kantonsgericht verurteilte deswegen ihren Hausarzt.

image

Neuenburger Psychiaterin muss 173'000 Franken zurückzahlen

Das Bundesgericht bestätigt die unwirtschaftliche Praxisführung. Die Kosten waren mehr als doppelt so hoch wie bei Kollegen.

image
Der Rechtsfall der Woche

Indexklauseln – Schlüssel zu stabilen Tarifpartnerschaften in der Zusatzversicherung

Sie ermöglichen Planungssicherheit, senken Verhandlungskosten und sorgen für Transparenz. Dennoch begegnen Versicherer Indexklauseln mit Skepsis. Sie fürchten regulatorische Stolpersteine – zu Recht?

image

Wenn qualifizierte Therapeuten als «in Ausbildung» gelten

Die Bewilligungspflichten sorgen für Verdruss in der Physiotherapie. Berufseinsteiger geraten ins Abseits, Praxen sehen sich bedroht. Der Branchenverband SwissODP fordert von den Kantonen mehr Pragmatismus – und mehr Respekt vor Diplomen.

image

Rückforderungen: Bundesgericht gibt weiterer Ärztin recht

Rund 20 Krankenversicherungen verlangten von einer Ärztin 135'000 Franken zurück. Das Bundesgericht fordert eine Neubeurteilung.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.