Internisten wehren sich gegen die zunehmende Öko­nomisierung

Die Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin schliesst sich einer Bewegung an, die sich gegen den wirtschaftlichen Druck in der Medizin stellt. Als schweizweit erste Fachgesellschaft.

, 8. Juli 2021 um 07:21
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Kostendruck, Bürokratisierung und unrealistische Zielvorgaben: Schweizer Ärztinnen und Ärzte geraten zunehmend unter Druck, die Patientenversorgung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Dies schreibt die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) in der «Schweizerischen Ärztezeitung». Die zunehmende Öko­nomisierung führe zu Über- und Fehlversorgung und beeinflusse Behandlungen negativ.
Die Gesellschaft der Internisten wolle dieser Fehlentwicklung nun weiter entgegen treten, indem die SGAIM dem «Ärzte Kodex – Medizin vor Ökonomie» der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin beitrete. Es ist schweizweit die erste medizinische Fachgesellschaft, die diesen Kodex unterstützt.

Keine Leistungen aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus

Mit dem Kodex verpflichten sich Medizinerinnen und Mediziner, ihr ärztliches Handeln stets «am Wohl der Patientinnen und Patienten» auszurichten. Und damit den Behandlungsentscheid nicht primär «auf Basis einer betriebswirtschaftlichen Nutzenoptimierung» vorzunehmen.
«Wir lehnen alle Leistungs-, Finanz-, Ressourcen- und Verhaltensvorgaben ab, welche für uns offensichtlich erkennbar zu einer Einschränkung unseres ärztlichen Handelns und unseres ärztlich-ethischen Selbstverständnisses führen, und das Patientenwohl gefährden können», steht darin etwa zu lesen.

Gegen Kostendämpfungspaket des Bundes 

Die SGAIM möchte mit der Unterstützung des «Ärzte Kodex» eine öffentliche Debatte anstossen. Besonders in den Spitälern seien Personalreduktionen, die Ausrichtung der Angebotsstrategie auf Fächer mit günstigen Fallzahlen sowie der Verzicht auf Weiterbildung zu beobachten, schreibt die Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin.
Aber auch in der ambulanten Medizin drohe mit den geplanten Kostendämpfungsmassnahmen des Bundes eine Wieder­holung der Fehler, die in Deutschland geschehen seien: «Unabhängig davon, was eine Patientin oder ein Patient benötigt, sind Ärztinnen und Ärzte dort gezwungen, die Behandlungen zu rationieren, sobald eine definierte Kostengrenze überschritten wird.»
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