Füllen Radiologen mit einem Trick so ihre Taschen?

In Deutschland holen sich Radiologen offenbar Extra-Profite mit Kontrastmittel. Diese kaufen sie günstig ein und verlangen von den Krankenkassen angeblich ein Vielfaches des Preises – in Form von Pauschalen. Ginge das auch in der Schweiz?

, 15. August 2019 um 05:00
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In Deutschland sorgt derzeit die Berufsgruppe der Radiologen für Schlagzeilen – und für Empörung. Wie mehrere deutsche Medien aufgedeckt haben, wurden anscheinend Kontrastmittel für Aufnahmen in Computertomografen (CT) oder Magnetresonanztomografen (MRT) wesentlich günstiger eingekauft und dann zu deutlich höheren Pauschalen den Krankenversicherern verrechnet.
Als Basis für die Recherchen von NDR, WDR und «Süddeutsche Zeitung» dienten interne Unterlagen aus Radiologiepraxen und von Pharmaherstellern. Der Berufsverband der Radiologen (BDR) weist die Be­richte jedoch als «unvollständig und in ihrer Aussage unzutreffend» zurück. Sie hätten, so der BDR, regelge­recht nach den Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Kassenärzt­lichen Vereini­gun­gen abgerechnet.

Einkaufspreise deutlich niedriger als die Pauschalen

Den Recherchen zufolge kauften Radiologen etwa das Kontrastmittel Dotagraf für 760 Euro pro Liter ein und erhielten dafür 3'900 Euro von den Krankenkassen erstattet. Die Kranken­kassen­verbände wollten die Preise gegenüber den Medien weder bestätigen noch dementieren.
Mit jedem MRT- oder CT-Gerät könnten Radiologen, so die Berechnungen der Journalisten, auf diese Weise knapp 100'000 Euro Gewinn im Jahr machen. Nach Schätzung koste dies die Versicher­ten in Deutschland dann jährlich knapp 200 Millionen Euro. 

Mögliche Gefährdung der Patienten

Der finanzielle Anreiz führt offenbar aber auch dazu, häufiger Untersuchungen mit Kontrastmitteln durchzuführen – und somit häufiger, als es medizinisch überhaupt nötig wäre. Derweil sehen Gesundheitspolitiker und Patientenschützer hier eine mögliche Gefährdung der Pa­tien­ten, weil Kontrastmittel eine Belastung für den Körper darstellen. 
Inzwischen hat sich auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in die Debatte eingeschaltet. Das BMG habe den AOK-Bundesverband um Aufklärung des Sachverhalts in den betroffenen Bundesländern ge­beten. Dieser betonte, man nehme die durch die Medienberichte nunmehr vorliegenden Infos «über das intransparente Geschäftsgebaren von Kontrastmittelanbietern und Radiologen sehr ernst». 

Wie läuft das in der Schweiz? 

Medinside wollte vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) nun wissen, ob denn solche Abrechnungsmöglichkeiten auch in der Schweiz denkbar wären. Dem BAG sind hierzulande jedenfalls keine solchen Fälle bekannt, wie es auf Anfrage heisst.
Kontrastmittel werden in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt und die Preise im Sinne von Höchstpreisen festgelegt, wie das Bundesamt erklärt. Der Handlungsspielraum für einen Arzt betreffend abrechenbarer Preis für Kontrastmittel im ambulanten Bereich sei deshalb eingeschränkt. 

Verstoss gegen das Gesetz

Grundsätzlich sei es aber möglich, dass Arzneimittel zu günstigen Konditionen eingekauft, aber trotzdem mit dem in der Spezialitätenliste aufgeführten Preis verrechnet würden – und somit der Nettoerlös für den Arzt erhöht werden könne. Dieses Vorgehen wäre jedoch ein Verstoss gegen das KVG, wie das BAG weiter mitteilt. 
Auch im stationären Bereich sei der Handlungsspielraum für die Preise eingeschränkt.  Dies, weil die Fallpauschalen, welche auch Kontrastmittel umfassten, regelmässig auf Basis von Kostendaten der Spitäler überprüft und verhandelt würden.
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