Qualitätsmängel beim Röntgen in der Schweiz?

Die Qualität von Röntgenuntersuchungen in Praxen soll verbessert werden. Bundesrat Alain Berset sieht jedoch keinen Handlungsbedarf.

, 23. September 2020 um 08:53
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Ständerat Damian Müller will bessere Qualitätskontrollen bei Röntgenuntersuchungen in Schweizer Arztpraxen. Der Luzerner FDP-Politiker, Berater bei der Ärzteverbindung FMH und Präsident des Forums Gesundheit Schweiz, sieht Qualitätsmängel. Er verweist in einem Postulat auf eine Untersuchung vor fünf Jahren, die in Bezug auf die Bildqualität ein nennenswertes Verbesserungspotenzial zeigte. In der Schweiz werden jährlich insgesamt rund sechs Millionen Röntgenaufnahmen gemacht.
Heute erfolgen die Einhaltung der Vorschriften durch eine jährliche Eigenevaluation durch den Bewilligungsinhaber. Ihm schwebt aber das Modell externer Qualitätskontrollen vor, wie etwa in Deutschland. Dort kümmert sich eine ärztliche Stelle um die Verbesserung des Qualitätsniveaus radiologischer Untersuchungen und um den bestmöglichen Strahlenschutz. Müller erhofft sich tiefere Gesundheitskosten durch Vermeidung von doppelten und mehrfachen Röntgenbildern und weniger Strahlenbelastung. Der Politiker schätzt das Sparpotenzial vorsichtig gerechnet auf jährlich 30 Millionen Franken. 

Bundesrat verweist auf Fortbildung und Audits 

Der Bundesrat hatte das Postulat bereits im Vorfeld Mitte August abgelehnt. Der Ständerat folgte ihm am Montag mit 20 zu 11 Stimmen – bei 4 Enthaltungen. Die Landesregierung verweist etwa auf die kürzlich erhöhten gesetzlichen Anforderungen für den Betrieb von Röntgenanlagen, insbesondere auf die Fortbildungspflicht. Von dieser seien auch die medizinischen Praxisassistentinnen und -assistenten (MPA), welche in den Arztpraxen die Röntgenaufnahmen anfertigen.
Hinzu kommen klinische Audits, die unter anderem sicherstellen, dass Röntgenuntersuchungen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik gerechtfertigt und optimiert seien. Für Anwendungen im niedrigen Dosisbereich, zu welchem rund die Mehrzahl der durchgeführten Röntgenuntersuchungen in den knapp 2'800 Arztpraxen zugeordnet werden, sind keine klinischen Audits vorgeschrieben. 

Alain Berset: «Aufwand wäre unverhältnismässig»

Dies, weil der Anteil der Dosis an der gesamten medizinischen Strahlenbelastung weniger als zehn Prozent beträgt. Eine Ausweitung würde zu einer massiven Zunahme der Kontrollen und damit auch der Kosten führen. Im Vergleich zur möglichen Dosisreduktion wäre dieser Aufwand unverhältnismässig, argumentiert der Bundesrat. 
Gesundheitsminister Alain Berset fragt sich bei der Behandlung des Geschäfts, wer von solchen zusätzlichen regulatorischen Qualitätskontrollen profitieren würde? Man fordere oft eine angemessene und effiziente Verwendung der staatlichen Mittel. Überall nach systematischen Kontrollen zu verlangen, erscheint ihm zufolge unverhältnismässig. Der Bundesrat könne dies angesichts der damit verbundenen Kosten nicht gutheissen.

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