Als letzten Sommer die Schaffhauser Kantonsärztin Maha Züger das Handtuch warf, konnte es niemand mehr als Zufall abtun: Die Corona-Pandemie brachte die Kantonsärzte und -ärztinnen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Maha Züger hatte innert weniger Monate 600 Überstunden angesammelt.
Auch ohne Kantonsrzt: Zürich, Baselland und Freiburg
Die Schaffhauser Kantonsärztin ist kein Einzelfall: Auch Zürich, das Baselbiet und Freiburg standen plötzlich ohne ihre Chefbeamtinnen und -beamten ihrer Kantonsarztämter da.
Auch für die Berner Kantonsärztin Linda Nartey war es ein schwieriges Jahr. «Nochmals ein solches Jahr anhängen, das kann ich nicht», sagte sie gegenüber der «Berner Zeitung». Doch die Kantonsärztin des zweitgrössten Schweizer Kantons hat bisher alle Schwierigkeiten gemeistert.
Bedroht und beschumpfen
Sogar in jener Oktobernacht, als sie auf ihrem Heimweg von einem in Bern bekannten Corona-Leugner durch die dunklen Lauben verfolgt und aufs Gröbste beschumpfen wurde, hat sie sich nicht aus der Fassung bringen lassen.
Wie wohl die meisten anderen Kantonsärzte und -ärztinnen musste sie viel Kritik von Corona-Skeptikerinnen, Maskenverweigern und Verschwörungstheoretikern einstecken. Doch nach wie vor ist sie überzeugt von ihrer Arbeit - nicht weil sie glaubt, das einzig Richtige zu tun.
Doppelt so viele Mitarbeiter
Sondern weil sie ihr Tun kritisch überprüft und glaubt, ihre Einschätzungen und Entscheide nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen. Die 52-jährige Epidemiologin gibt auch zu, dass ihr das letzte Jahr alles abgefordert hat: 7-Tage-Wochen, keine Ferien und wenig Privatleben. Die Zahl ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich im letzten Jahr auf 30 verdoppelt.
In Schaffhausen nun eine 60-Prozent-Stelle
Solche turbulente Zeiten haben andere Kantonsärzte und -ärztinnen nicht toleriert: Maha Züger, die ehemalig Schaffhauser Kantonsärztin wehrte sich dagegen, dass sie die Pandemie mit einem 30-Prozent-Pensum hätte bewältigen sollen. Schaffhausen ist nun immer noch auf der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. Das Amt ist nun immerhin als 60-Prozent-Stelle ausgeschrieben.
Zürcher Kantonsarzt war krankgeschrieben
Der Zürcher Kantonsarzt Brian Martin verliess im März seine Stelle völlig überraschend. Der «Tages-Anzeiger» schrieb von einem «Burnout-ähnlichen Zusammenbruch». Zürich fand in Martins Stellvertreterin Christiane Meier eine Nachfolge.
Kündigung schon nach Probezeit
In Freiburg verliessen Ende Mai die beiden Co-Kantonsärztinnen Barbara Grützmacher und Stéphanie Boichat Burdy ihre Stelle bereits nach der dreimonatigen Probezeit. Neuer Kantonsarzt in Freiburg ist Thomas Plattner.
Das Baselbieter Gesundheitsamt musste Ende Juli möglichst schnell auf einen neuen Chef finden: Auch dort hatt die Kantonsärztin überraschend gekündigt. Der neue Kantonsarzt ist dort Samuel Erny.
Wer eine Stelle in einem Kantonsarztamt sucht, hat derzeit eine gute Auswahl. Nur: eine einfache Arbeit wartet nicht auf die neuen Stelleninhaber - auch nicht im neuen Jahr.