Covid-19: Uni Bern nimmt erste Welle unter die Lupe

Eine höhere Arbeitsbelastung, mehr Stress und eine starke Unzufriedenheit mit dem Lohn: Eine Studie zeigt die Auswirkungen der ersten Covid-Welle auf Pflegefachkräfte in Spitälern.

, 1. März 2021 um 12:09
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Das Pflegepersonal in Schweizer Spitälern erlebte während der ersten Covid-19-Welle eine noch nie dagewesene Situation. Die Folge waren deutlich mehr Stress und eine höhere Arbeitsbelastung als 2019. Interessant: Während die Zufriedenheit mit der Bezahlung stark sank, stieg die Arbeitszufriedenheit leicht an. Das zeigt eine Umfrage des Instituts für Unternehmensrechnung und Controlling der Universität Bern zur Arbeitssituation bei mehr als 4100 Pflegefachkräften in 19 Spitälern.
Durchgeführt wurde diese im Herbst 2020 mit dem Ziel, Einblicke in die Auswirkungen der ersten Covid-19-Welle auf Pflegefachkräfte in Schweizer Spitälern zu gewinnen. Markus Arnold und Arthur Posch, Professoren am Institut für Unternehmensrechnung und Controlling der Universität Bern, stellten die Ergebnisse vergleichbaren Umfragedaten aus dem Jahr 2019 gegenüber. 
Dass die Stress- und Arbeitsbelastung während der ersten Covid-19-Welle im Vergleich zum Vorjahr erhöht war, kommt nicht überraschend. Spannend ist, dass die besonderen Stressfaktoren nicht die eigene Gesundheit war, sondern vor allem die Gefahr, Familienangehörige mit Covid-19 anzustecken. 

Lohnunzufriedenheit stark angestiegen

Die Zufriedenheit des Pflegepersonals mit dem Lohn ist während der ersten Covid-19-Welle stark gesunken und zwar um 9,4 Prozent.  Interessant ist, dass die allgemeine Arbeitszufriedenheit der Pflegefachkräfte sowie ihre Bindung an ihr Spital trotz erhöhter Arbeits- und Stressbelastung unverändert geblieben oder sogar teilweise leicht angestiegen ist: «Das ist bemerkenswert. Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass die öffentliche Anerkennung der Arbeit von Pflegefachkräften angestiegen ist», meint Arthur Posch. 
Die Resultate der Studie zeigen weiter, dass Pflegefachkräfte während der ersten Covid-19-Welle eine noch höhere Motivation und einen grösseren Einsatz für ihre Abteilung gezeigt haben als 2019. So waren sie etwa bereit, bei akuter Personalknappheit die Ferien zu verschieben.

Covid-19-Massnahmen zufriedenstellend

Schweizer Spitäler haben während der ersten Covid-19-Welle versucht, mit verschiedenen Covid-19-Massnahmen die Arbeitssituation für das Personal zu erleichtern: Dabei wurde vor allem auf die Kommunikation klarer Richtlinien im Zusammenhang mit dem Umgang von Covid-19-Patientinnen und -Patienten sowie auf die Bereitstellung ausreichender Covid-19-Testkapazitäten gesetzt. 
In geringerem Masse haben Krankenhäuser professionelle psychologische Betreuung und Trainings für den Umgang mit Covid-19 angeboten. Wie die Studie zeigt, ist die Zufriedenheit der Pflegefachkräfte mit den Covid-19-Massnahmen zufriedenstellend. Arnold: «Sinnvolle Covid-19-Massnahmen erhöhen die Zufriedenheit und senken den Stress sowie die emotionale Arbeitsbelastung von Pflegefachkräften.» Es könne sich deshalb für die Spitäler lohnen, in diese Massnahmen zu investieren.
Minderheit erhielt Belohnung
Nur eine Minderheit der teilnehmenden Pflegefachkräfte, nämlich 38 Prozent, hat für ihre Arbeit während der ersten Covid-19-Welle eine Belohnung erhalten. Die Folge: Gegenüber den Angestellten, die keine Belohnung erhalten haben, sind die Covid-19-Massnahmen des Spitals bei Pflegefachkräften mit Belohnung um 37 Prozent gestiegen; bei der allgemeinen Arbeitszufriedenheit um acht Prozent. Deutlich weniger bedeutend für die Zufriedenheit der Pflegefachkräfte waren Anerkennung, Geschenkkörbe oder Gutscheine.

Folgeprojekt läuft

Pflegefachkräfte in Schweizer Spitälern haben sich während der ersten Covid-19-Welle als überaus belastbar und motiviert gezeigt. «Inwieweit dieser Befund auch für die deutlich längere und teilweise intensivere zweite Covid-19-Welle gilt, untersuchen wir aktuell in einem Folgeprojekt», erklärt Posch das weitere Forschungsprogramm.

Spitalpflegereport Schweiz

Die Daten zur Arbeitssituation von Pflegefachkräften werden jährlich im Rahmen des «Spitalpflegereport Schweiz» in einem Forschungsprogramm in enger Kooperation mit Schweizer Spitälern erhoben. Der Spitalpflegreport Schweiz wurde 2019 ins Leben gerufen und ist ein Forschungsprogramm, bei dem Markus Arnold und Arthur Posch in enger Kooperation mit Schweizer Spitälern regelmässig die Arbeitssituation von Pflegefachkräften untersuchen. Der Spitalpflegereport Schweiz ist Teil des grösseren mehrjährigen Forschungsprojektes «An Integrated Perspective on the Role of Nursing in Knowledge Translation». Das Projekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert. 
Den detaillierten Spitalpflegereports Schweiz finden Sie hier.
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