Leberzellenkrebs bildet kleine, schwer erkennbare und kaum zugängliche Tumore, die mit herkömmlichen OP-Techniken nicht entfernt werden können. Zur Verfügung steht den Chirurgen und den interventionellen Radiologen eine Methode, die mit einer Behandlungssonde von der Bauchdecke direkt zum Tumor führt – und ihn dort mit Mikrowellen verkocht.
Ohne zuverlässige Planung und Instrumenten-Navigation ist diese Methode aber heikel: Grosse Blutgefässe oder die Lunge könnten verletzt werden. Bei über der Hälfte der Leberzellenkrebs-Erkrankungen liegen die Tumoren schwierig. Weiter kann die Tumorentfernung nicht sofort überprüft und nicht ausreichend genau festgestellt werden.
Zwei- bis dreimal wöchentlich im Einsatz
Ein interdisziplinäres Team der Universität Bern und des Berner Inselspitals (Insel Gruppe) haben deshalb ein neuartiges Navigationssystem für die Tumorbehandlung entwickelt. Es ermöglicht mit einem technisch aufwendigen Bildgebungsverfahren aus MT und CT eine exakte Führung der Mikrowellen-Sonde zum Tumor – in Echtzeit-Messung.
Sowohl Patienten mit Leberkrebs als auch mit Streutumoren von Darmkrebs und anderen Krebsarten werden so behandelt. Die vom Berner Spin-Off Cascination zur Marktreife entwickelte Technologie ist mittlerweile weltweit eingeführt,
wie die Insel Gruppe schreibt. Die bildgesteuerte Tumorentfernung kommt am Inselspital heute zwei- bis dreimal wöchentlich zum Einsatz. Insgesamt hat das Spital knapp 600 Lebertumore mit diesem in Bern entwickelten Ablations-Navigationssystem behandelt.
Das Vorgehen
Der Patient wird vor dem Eingriff in eine Vakuum-Matratze gebettet, die seine Position exakt fixiert. Das Bildsystem zeigt die genaue Lage der Tumoren im Organ vor dem Einstich, während dem Einsatz der Sonde und zur abschliessenden Erfolgskontrolle. Navigationspunkte an der Bauchwand und ein präzises Zielsystem für die Behandlungssonde ermöglichen die computerassistierte, exakte Umsetzung des geplanten Behandlungsweges und die Verkochung des Tumors mit Mikrowellenenergie. Nach dem Eingriff sieht das Behandlungsteam sofort, ob das Tumor-Gewebe vollständig zerstört werden konnte und kann nötigenfalls Tumorreste entfernen.
«Sehr geringes Komplikationsrisiko»
Das Berner Forschungsteam hat in einer Studie am Inselspital nun auch ausgewertet, wie sicher, therapeutisch wirksam und wirksam die Methode ist. Dazu untersuchte es 174 Ablationen von Leberzellkrebs mit bildgeführter Navigation zwischen 2015 und 2017. Die Genauigkeit der Platzierung der Sonde und der Grad der Tumorentfernung wurden jeweils direkt nach dem Eingriff überprüft.
«Unsere Analyse ergab, dass wir insgesamt 96.3 Prozent der Tumoren effizient entfernen konnten», sagt Erstautorin Anja Lachenmayer, Oberärztin Viszerale Chirurgie am Bauchzentrum des Inselspitals. Die Sonde wich dabei im Schnitt nur 3.2 Millimeter vom idealen Behandlungsort ab. Dabei war das Komplikationsrisiko mit 5.9 Prozent sehr gering, davon 0.9 höhergradige Komplikationen.
Patienten können schnell wieder nach Hause
Durch den minimal belastenden Eingriff konnten Patienten das Spital bereits am Folgetag verlassen. «Wir können belegen, dass die bildgeführte Mikrowellen-Ablation Lebertumoren sicher, gewebeschonend und effizient entfernt», sagt Lachenmayer weiter. Dabei erkennen die Ärzte mit dem neuen System sogar Tumore, die mit konventioneller Bildgebung unsichtbar seien und könnten nun auch an bisher unzugänglichen Orten behandeln.
Erst vor kurzem haben die Viszeralchirurgin Anja Lachenmayer und der interventionelle Radiologe Martin Maurer ihre Erfahrungen auf der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für computerassistierte Leberchirurgie
ECALSS vorgestellt.
Anja Lachenmayer, Pascale Tinguely, Martin H. Maurer, Lorenz Frehner, Marina Knöpfli, Matthias Peterhans, Stefan Weber, Jean‐François Dufour, Daniel Candinas, Vanessa Banz: «Stereotactic image‐guided microwave ablation of hepatocellular carcinoma using a computer‐assisted navigation system», in: «Liver Cancer». Juli 2019.