Ambulant statt stationär: Der Bund macht Tempo

Das Bundesamt für Gesundheit will möglichst noch dieses Jahr eine eigene Liste von Eingriffen vorlegen, die nur noch ambulant vorgenommen werden sollten. Allerdings: Die Liste wird kleiner.

, 5. Juli 2017 um 09:00
image
  • praxis
  • spital
  • gesundheitskosten
Als erstes begann jetzt der Kanton Luzern: Die Gesundheitsdirektion unter Guido Graf (CVP) verpflichtet seit Monatsbeginn die Listenspitäler, 13 Eingriffe nur noch ambulant durchzuführen – sofern nicht gewisse Ausnahmesituationen vorliegen. In Zürich startet Anfang nächsten Jahres eine ähnliche Übung: Hier hat die Gesundheitsdirektion unter Thomas Heiniger (FDP) eine 14er-Liste festgelegt und ins kantonale Gesetz schreiben lassen.
Doch Heiniger selbst stellte im Mai am Rande der Gesundheitsdirektoren-Konferenz fest, dass es ja nicht 26 verschiedene Kantons-Arten der Verlagerung von stationär zur ambulant braucht – und dass eine Bundeslösung wünschbar sei.

Ende 2017/Anfang 2018

So ist auch bekannt, dass das Bundesamt für Gesundheit nach einer nationalen «Ambulant-First-Liste» sucht, in Zusammenarbeit mit den Ärztegesellschaften. Doch offenbar wird die Sache schon bald konkret. Wie das BAG gegenüber Medinside bestätigt, fokussiert man sich auf eine Lösung mit einer beschränkten Zahl von Eingriffen – es seien weniger als 13. Diese Eingriffe sollen demnächst fixiert sein: «Die Festlegung einer künftigen Regelung sowie der Übergangsfrist durch das Eidg. Departement des Innern (EDI) ist für Ende 2017/Anfang 2018 vorgesehen.» Das heisst also: noch bevor die Zürcher Liste überhaupt eingeführt ist.
Dies ist insofern relevant, als es Zweifel an der Rechtmässigkeit der Luzerner und Zürcher Listen gibt. Die Beschränkungen könnten gegen Bundesrecht verstossen. Der Privatkliniken-Verband PKS legte eine Expertise des Verwaltungsrechtlers Urs Saxer vor, worin stand: «Die Kantone sind nicht befugt, die bundesrechtlichen Kriterien über die Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit zu konkretisieren und eine Liste von Eingriffen zu erlassen, welche ambulant statt stationär durchzuführen sind.»

Ein Wettrennen?

PKS-Generalsekretär Guido Schommer monierte denn auch jüngst in der «Luzerner Zeitung» das Vorpreschen der Luzerner und Zürcher: Es sei «hochgradig unverständlich», dass kantonale Listen kurz vor einer Bundeslösung «durchgestiert» werde – als ob es um ein Wettrennen ginge. 
Das BAG plant nun, die neue Gewichtung und die entsprechende Liste in der Krankenpflege-Leistungsverordnung KLV festzuschreiben. Sie wäre damit für alle Kantone gültig – mitsamt bestimmten Ausnahmeregelungen. Derzeit laufen Abklärungen mit betroffenen Parteien.
Die Sache sei nicht ganz unkomplex: Strukturen und Prozesse müssen bei den Leistungserbringer angepasst werden, es braucht ein Kontrollverfahren, womöglich sind auch Tariffragen zu klären. Dies die Begründung, weshalb das BAG zuerst eine tiefere Zahl von weniger als 13 Eingriffen und eine Übergangsfrist vorsieht. Diese aber soll schon bald beginnen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Anton Widler

Physiotherapie: Eine Aktion gegen den Bewilligungs-Wildwuchs

Bei der Frage, ob bei den Gesundheitsberufen eine Berufsausübungs-Bewilligung nötig ist, gibt es grosse kantonale Abweichungen. Jetzt spielt die Physio-Branchen-Organisation SwissODP nicht mehr mit.

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

image

Spital STS: Hohe Patientenzahlen bewahren nicht vor Verlust

Sowohl stationär als auch ambulant gab es bei der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland 2023 einen Zuwachs.

image

Spital Lachen bricht Neubau-Projekt ab

Nun soll saniert statt neu gebaut werden – aus finanziellen Gründen, aber auch wegen der Flexibilität.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.