Mehr als 5000 Personen haben sich am Samstag auf dem Bundesplatz in Bern versammelt. Unter dem Motto «Gesundheitsversorgung: Das sind wir für euch» protestierten sie gegen die aus ihrer Sicht stockende und ungenügende Umsetzung der Pflegeinitiative, die 2021 mit 61 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde. Aufgerufen hatten elf Gewerkschaften und Berufsverbände..
Der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer (SBK) kritisiert, dass zwar eine Ausbildungsoffensive gestartet wurde, der entscheidende zweite Teil der Initiative jedoch stockt – nämlich die landesweite Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Ohne verbindliche Regeln zu Personalschlüsseln, Arbeitszeiten und Dienstplanstabilität drohten die Fortschritte in der Ausbildung ins Leere zu laufen. Verzögert wird der politische Prozess derzeit auch durch die offene Frage, wer die Mehrkosten trägt, die etwa durch reduzierte Arbeitszeiten oder Entschädigungen bei kurzfristigen Dienstplanänderungen entstehen.
«Wird die Pflegeinitiative weiterhin nicht umgesetzt, werden wir gezwungen sein, auch Arbeitskampfmassnahmen zu thematisieren», warnt SBK-Geschäftsführerin Yvonne Ribi,
Rote Karte
Viele Demonstrierende zeigten symbolisch die rote Karte – an:
- den Bundesrat für die unzureichende Umsetzung der Pflegeinitiative;
- den kantonalen Behörden, die die Budgets im Gesundheitsbereich kürzen, was zu Lohnkürzungen, Schliessung von Geburtenabteilungen und der Streichung von Betten in den als «nicht rentabel» geltenden Abteilungen der Spitäler führt.
- Bund und Kantonen, weil gute Pflege und Betreuung von Betagten und Pflegebedürftigen nur als Kostenfaktor gesehen werden, während immer mehr ältere Menschen auf Pflege und Betreuung angewiesen sind.
Aus den Reden wurde deutlich, wie stark die aktuelle Situation den Berufsalltag prägt.
«Das System lässt nicht zu, dass ich meinen Job richtig machen kann und dass ältere Menschen die Pflege erhalten, die sie brauchen», sagte Sandra, Pflegefachfrau aus der Langzeitpflege.
Auch Bundespolitikerinnen und -politiker mischten sich unter die Demonstrierenden –
darunter GLP-Nationalrat und Pflegefachmann Patrick Hässig. Er sieht in der Demo ein notwendiges Zeichen: Nicht nur, weil die Umsetzung verzögert werde, sondern weil sich der Pflegenotstand weiter verschärfe und immer mehr Fachpersonen den Beruf verlassen.
An der Kundgebung wurde zudem die Regisseurin
Petra Volpe für ihren Film «Heldin» geehrt – ein Werk, das die Belastung und Unsichtbarkeit der Pflege zeigt und kürzlich den Zürcher Filmpreis gewann.