Wir machen das jetzt, und am Ende werden es sowieso alle Kantone so handhaben: Dies gaben Vertreter des Zürcher Amts für Gesundheit den Leistungserbringern zu verstehen, als sie im Spätsommer 2024 eine neue Bürde ankündigten.
Ob Physio- oder Ergotherapie-Praxis, ob Spitex oder Hebammen: Die Behörde teilte mit, dass ab Februar 2025 alle Angestellten im Patientendienst eine Berufsausübungsbewilligung benötigen – Kostenpunkt jeweils 800 Franken plus viel Aufwand plus Wartezeiten von 6 bis 8 Wochen. Denn so verlange es das neue Bundesgesetz.
Der Rest ist bekannt: Der angekündigte Bürokratie-Schub weckte viel Protest, worauf die Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli die Reissleine zog und ein Rechtsgutachten bestellte.
Dieses befand: Nein, das nationale Gesundheitsberufe-Gesetz lässt den Kantonen einen Spielraum, es braucht kein «BAB für alle». Lediglich «eigenständig tätige Gesundheitsfachpersonen» benötigen solch einen Ausweis.
Hinzu kam ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz: Dieses gab einer Physiotherapeutin Recht, die seit knapp 15 Jahren am gleichen Ort angestellt war und jetzt plötzlich eine Berufsausübungsbewilligung benötigen sollte. Die Arbeit einer Physiotherapeutin sei «nicht per se bewilligungspflichtig», heisst es im Urteil. «Der Bundesgesetzgeber beabsichtigte nicht, von jeder berufstätigen Physiotherapeutin eine Berufsausübungsbewilligung zu verlangen.» Ende März erlangte dieses Urteil Rechtskraft.
Damit ist ein Bürokratie-Trend («am Ende werden es alle Kantone so handhaben») abgebrochen. Die Frage lautet vielmehr: Geht es jetzt in die Gegenrichtung?
Allgemeine Anpassung
Denn immer noch verlangt ein Dutzend Kantone recht kategorisch nach einer Bewilligung; sie behandeln das Gesundheitspersonal weitestgehend als «fachlich eigenverantwortlich tätig», mit entsprechendem Kontrollaufwand. Was notabene Millionenbeträge von den Leistungserbringern abzieht und in die Verwaltungskassen spült.
Doch auch dort bewegt sich nun etwas, zumindest teilweise. Das Gesundheitsdepartement des Wallis teilt – noch vorsichtig – mit, dass der Kanton neue interkantonale Vergleiche anstellen werde: «Abhängig von den Ergebnissen und falls interkantonale Gremien eine Änderung der Praxis empfehlen sollten, könnte der Kanton seine Beurteilung überdenken. Eine vorzeitige Änderung der bisherigen Praxis ist in der aktuellen Situation aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch nicht möglich.»
Geprüft wird auch andernorts:
- «Wir prüfen derzeit, inwieweit wir aufgrund der neueren Entwicklungen einen Anpassungsbedarf haben», teilt das Gesundheitsdepartement von Basel-Stadt mit.
- «Das Gesundheitsdepartement des Kantons St.Gallen prüft derzeit das Thema der Berufsausübungsbewilligungen», so die Antwort aus St. Gallen.
- «Wir werden die neuen Informationen prüfen. Bei allfälligen Änderungen des Berufsausübungsbewilligungsverfahren werden wir dies zu gegebener Zeit öffentlich kommunizieren», sagt David Dürr, Leiter der Dienststelle Gesundheit und Sport des Kantons Luzern.
- Auch der Kanton Solothurn will «die Situation gestützt auf das Rechtsgutachten von Zürich analysieren und überprüfen, ob punktuell Anpassungen an der heutigen Praxis vorgenommen werden sollen.»
Im Jura wenden die Behörden ebenfalls einen Blick auf die jüngste Entwicklung – allerdings ist die Lage dort sowieso im Umbruch, weil der Kanton momentan das Gesundheitsgesetz überarbeitet. «Bei dieser Überarbeitung werden auch die Positionen und Rechtsauffassungen anderer Kantone berücksichtigt», so die Mitteilung aus Délémont.
Kurz: Es ist etwas in Bewegung geraten, und die Kantone scheinen sich mehr und mehr angleichen zu wollen.
Dahin deutet auch die Antwort des Gesundheitsdepartements Neuenburg. Der Westschweizer Kanton fährt heute keine strikte «BAB für alle»-Politik: Ernährungsberater, Ergotherapeuten, Pflegefachleute, Physiotherapeuten und Hebammen, die unter Aufsicht von anderen Fachleuten tätig sind, unterliegen keiner Genehmigungspflicht, wenn sie bei gewissen Leistungserbringern arbeiten. «Wir prüfen derzeit», so eine Sprecherin des Neuenburger Gesundheitsdienstes, «ob diese Regelung, die im Kanton Neuenburg schon lange vor Inkrafttreten des Gesundheitsberufegesetzes galt, angepasst werden sollte, um uns der Praxis der meisten anderen Kantone anzupassen.»