Stefan Roths Praxis stösst an Grenzen: «Seit Wochen ist es voll, voll, voll», sagt der Könizer Kinderarzt und Co-Präsident der Berner Haus- und Kinderärzteschaft gegenüber der «Berner Zeitung». Das Problem sind einerseits Viren, anderseits aber auch Eltern, die sich zu schnell aufregen.
Die Viren
Es gibt diesen Winter eindeutig mehr Infektionen mit dem RS-Virus, das Bronchitis verursacht. Roth vermutet, dass es nach der Pandemie einen Nachholeffekt gebe: Viele Kinder hätten wohl den Erstkontakt mit diesen Viren verpasst, weil während der Pandemie weniger Viren im Umlauf waren.
Die Eltern
Aber auch die Eltern seien an den überfüllten Wartezimmern schuld, glaubt Stefan Roth. «Mein Eindruck ist, dass viele Eltern noch schneller als früher direkt zum Arzt gehen oder gar in den Notfall rennen, wenn ihr Kind einmal Schnupfen hat.» Roth findet, dass wir verlernt hätten, krank zu sein.
Bei Kindern zeigt sich das besonders. Wenn keine Betreuung verfügbar ist, muss ein Elternteil zuhause bleiben. Also müsse das Kind aus Sicht der Eltern möglichst gar nicht oder wenn, dann möglichst nur kurz krank sein – für Roth eine bedenkliche Entwicklung.
Egal welches Virus
Er stellt auch einen gewissen Alarmismus bei vielen Eltern fest. Sie wollten sofort wissen und abklären lassen, weshalb ihr Kind Schnupfen oder Fieber hat. Dabei sei es in den meisten Fällen egal, ob die Symptome nun durch ein Grippe-, ein RS-, ein Corona- oder ein anderes Virus ausgelöst worden sind.
Aus diesem Grund verzichten die meisten Kinderärzte auch auf einen Abstrich. Er ist nicht nötig, weil für die Kinder viele Infektionskrankheiten etwa dasselbe bedeuten. Nur die Erwachsenen hätten das immense Bedürfnis, ihnen einen Namen zu geben, stellt Stefan Roth fest.
Honigmilch und Wadenwickel
Der Kinderarzt empfiehlt deshalb statt eines übereifrigen Arztbesuchs vor allem Nähe, Zuwendung, Ruhe und ein paar Hausmittel wie Honigmilch, Honigtee, Wadenwickel, allenfalls fiebersenkende Medikamente.