Der Bundesrat bürdet den Krankenkassen mehr Kosten auf: Sie dürfen für Impfungen, die sie bezahlen, nur noch den Selbstbehalt, aber keine Franchise mehr verrechnen. Damit will der Bundesrat die Impfrate in der Schweiz erhöhen.
Die Krankenkassen sind mässig begeistert von dieser Massnahme. «Monetäre Anreize können im Allgemeinen einen Effekt auf das Verhalten der Menschen haben. Bei einem Impfentscheid spielt jedoch auch die persönliche Einstellung eine grosse Rolle«, nimmt Adrian Kay, der Sprecher des Krankenkassenverbands Prioswiss gegenüber Medinside Stellung.
«Mitnahmeffekte» unerwünscht
Einen positiven Effekt hätte die Massnahme nur dann, wenn sich substanziell mehr Menschen aufgrund der Franchisebefreiung impfen liessen und damit mehr Krankheiten als heute vermieden werden könnten.
Es könnte aber auch sein, dass hauptsächlich «Mitnahmeeffekte» auftreten: Nur wenige Menschen lassen sich zusätzlich impfen. Und für alle diejenigen, die sich heute ohnehin impfen lassen, fällt einfach die Franchise weg. In diesem Fall würden die Prämienzahler zusätzlich belastet, ohne messbaren Einfluss auf die öffentliche Gesundheit.
Prioswiss will die Wirkung der Franchisebefreiung auf die Impfrate genau beobachten und fordert ein Monitoring, das aufzeigt, wie sich die Durchimpfungsrate entwickelt und welche Wirkung die Franchisebefreiung darauf hat.
Darmkrebs-Früherkennung auch für Ältere
Bereits ab dem 1. Juli wird die Kostenübernahme für die Früherkennung von Darmkrebs ausgeweitet: Darmspiegelungen und Tests auf Blut im Stuhl werden neu bis zum Alter von 74 Jahren von der Grundversicherung übernommen. Derzeit wird sie nur für Personen zwischen 50 und 69 Jahren bezahlt. Bisher ging man davon aus, dass bei älteren Personen das Darmkrebs-Screening nicht mehr sinnvoll ist, da andere Krankheiten das Sterberisiko beeinflussen können.
Krebsliga: «Andere haben das schon seit Jahren»
Die Krebsliga kritisiert das schleppende Vorgehen bei der Ausweitung der Darmkrebs-Früherkennung. Dass diese für Personen bis 74 Jahre bezahlt wird, entspreche nicht nur der wissenschaftlichen Evidenz, sondern auch den internationalen Empfehlungen und der Praxis in vielen Europäischen Staaten. «Die EU-Kommission empfiehlt bereits seit 2003 ein Screening bis zum Alter von 74 Jahren, und Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien oder das Vereinigte Königreich haben diese Altersgrenze schon seit Jahren in ihre Programme übernommen», schreibt die Krebsliga – und übt gleichzeitig Kritik an der harzigen Gangart in der Schweiz. Hier hänge die Anpassung oft davon ab, dass Organisationen wie die Krebsliga entsprechende Anträge einreichen. «Das führt dazu, dass international anerkannte wissenschaftliche Standards hierzulande verzögert umgesetzt werden.» Und weiter: Das koste die Krebsliga viel Geld und bremse die evidenzbasierte Weiterentwicklung des Gesundheitssystems.