Hausgeburt? Ja – aber mit klaren Regeln

Der Schweizerische Hebammenverband hat erstmals eine evidenzbasierte Kriterienliste für Hausgeburten veröffentlicht.

, 27. Mai 2025 um 12:35
image
Eine Familie mit ihrem Neugeborenen – bei klaren medizinischen Voraussetzungen kann die Geburt zu Hause eine Alternative zur Spitalentbindung sein. Bild: Symbolbild/Jonathan Borba on Unsplash
Gemäss dem Statistikbericht des Schweizerischen Hebammenverbands (SHV) kamen im Jahr 2023 knapp 1000 Kinder zu Hause zur Welt. Der Anteil der Hausgeburten liegt damit seit Jahren stabil bei rund 1,3 bis 1,4 Prozent aller Geburten.
Damit bleibt die Hausgeburt eine Randform der Geburtshilfe – jedoch eine, die hohe Anforderungen an Sicherheit und fachliche Verantwortung stellt. Nun schafft der SHV erstmals eine landesweit einheitliche Grundlage: Eine evidenzbasierte Kriterienliste soll künftig klar definieren, unter welchen Voraussetzungen eine Hausgeburt als medizinisch vertretbar gilt.

Risikoselektion

Internationale Studien zeigen: Hausgeburten sind dann sicher, wenn die Risikoselektion sorgfältig erfolgt und die Betreuung durch qualifizierte Hebammen in enger Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsfachpersonen stattfindet.
Die Liste wurde 2024 in einem mehrstufigen Delphi-Verfahren gemeinsam mit Fachpersonen aus der Praxis erarbeitet. Sie ordnet geburtshilfliche Risiken in klare Kategorien und unterstützt Hebammen bei der Einschätzung, ob eine Hausgeburt möglich ist oder ob eine Geburt im Spital empfohlen werden sollte. Die finale Version wurde durch eine Urabstimmung der SHV-Mitglieder legitimiert.

Rechlicher Rahmen

Die Liste reflektiert auch den rechtlichen Rahmen: In der Schweiz sind Patientenrechte – insbesondere das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt – verfassungsmässig geschützt. Gleichzeitig sind Hebammen verpflichtet, nach anerkannten Standards zu handeln, Risiken offen zu kommunizieren und die Betreuung lückenlos zu dokumentieren. Das Selbstbestimmungsrecht entbindet nicht von der fachlichen Verantwortung der betreuenden Hebamme.
Kriterienliste SHV

Mit der nationalen Kriterienliste will der SHV auch ein gesundheitspolitisches Signal setzen: Es braucht in der Schweiz klare gesetzliche und strukturelle Rahmenbedingungen, um Autonomie und Sicherheit in der Gesundheitsversorgung verantwortungsvoll zu gestalten – weit über die Geburtshilfe hinaus.
  • geburtshilfe
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

B-Status für das Frauenzentrum Bern der Lindenhofgruppe

Das Frauenzentrum Bern ist vom Schweizerischen Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) als Weiterbildungsstätte der zweithöchsten Stufe anerkannt.

image

Jetzt definitiv: Spital Muri kann Geburtshilfe schliessen

Die Aargauer Regierung entbindet das Freiämter Spital vom Leistungsauftrag. Eine Erklärung: Wegen sinkender Geburtenzahlen haben andere Spitäler genügend Kapazitäten.

image

Europäische Premiere im Spital Wallis

In Sitten kam erstmals ein Baby nach einer Gebärmuttertransposition zur Welt. Zuvor waren erst drei Kinder nach Anwendung dieses Verfahrens geboren worden.

image

Eltern über 40: Wie Fachpersonen den späten Kinderwunsch erleben

Eine Studie aus Basel zeigt, auf welche ethischen, kommunikativen und emotionalen Herausforderungen das Pflege- und Betreuungspersonal in der Reproduktionsmedizin trifft.

image

Spital Uster baut den ersten Geburtspavillon

Bisher war es nur ein Konzept. Nun macht das Spital Uster mit dem Geburtshaus Zürcher Oberland den ersten konkreten Schritt hin zur neuen Geburtshilfe.

image

Bfs: Freitags kommen die meisten Babys zur Welt

Nahezu jede dritte Geburt erfolgt geplant – bevorzugt an Werktagen. Die meisten Kaiserschnitte gibt es im Kanton Schaffhausen, die wenigsten im Kanton Waadt.

Vom gleichen Autor

image

Hospital at Home: Zürcher Vorreiter ziehen Bilanz

Das Spital Zollikerberg und die Hospital at Home AG haben bislang 750 Patienten zu Hause behandelt. Die Ergebnisse sind positiv, die langfristige Finanzierung bleibt jedoch ungewiss.

image

Nach Nullrunde: KSA, KSB und PDGA erhöhen Löhne 2026

Die Angestellten der Kantonsspitäler Aarau und Baden sowie der Psychiatrischen Dienste Aargau erhalten 2026 wieder mehr Lohn. Die Lohnsumme wird um 1,2 Prozent erhöht.

image

Antibiotikaresistenzen: Bund will Spitäler besser rüsten

In jedem zweiten Spital fehlt ein vollständiges Programm zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen. Der Bund kündigt verstärkte Unterstützung beim Aufbau entsprechender Massnahmen an.