Das Freiburger Spital (HFR) hat einen wegweisenden Gerichtsfall gewonnen: Es muss keinen Schadenersatz zahlen, weil vor zehn Jahren ein Chefarzt eine Diagnose gestellt hat, die sich nachträglich als falsch herausstellte.
«Wahrscheinlich Typ Alzheimer»
Der Fall verlief folgendermassen: Eine damals 68-jährige Hausärztin konsultierte wegen kognitiver Störungen einen Chefarzt des Freiburger Spitals (HFR). Zusammen mit einem Neuropsychologen kam dieser Chefarzt zum Schluss, dass die Frau «an einem neurodegenerativen Prozess, wahrscheinlich vom Typ Alzheimer» leide. Sie gab deshalb ihre Arztpraxis auf.
Zwei Jahre später kam ein anderes Spital zum Schluss, dass die Patientin nicht an Alzheimer leide, sondern unter anderem an den Nebenwirkungen von Topamax, einem Epilepsie-Medikament.
Moralischer Schaden und Gewinnverlust
Darauf beschuldigte die Ärztin den Chefarzt und den Neuropsychologen des HFR, die Diagnose der Alzheimer-Krankheit leichtfertig gemacht zu haben und die Regeln der Kunst verletzt zu haben.
Es sei eine Fehldiagnose gewesen, die ihr moralischen Schaden und einen Gewinnverlust verursacht habe, weil sie ihre medizinische Praxis vorzeitig habe schliessen müssen. Sie verlangte deshalb vom HFR über 300'000 Franken.
Diagnose war gewissenhaft
Das Bundesgericht lehnte diese Forderung der Ärztin ab. Die falsche Diagnose sei keine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht gewesen. Sie sei gewissenhaft und nach den Regeln der Kunst gestellt worden.
Ausserdem hätten der Chefarzt und der Neuropsychologe die Diagnose als Möglichkeit und nicht als Gewissheit formuliert und eine weitere Untersuchung nach einem halben Jahr empfohlen. Eine definitive Diagnose vom HFR habe die Patientin jedoch nicht abgewartet, sondern eine andere Klinik konsultiert. Das Bundesgericht sah deshalb keine Haftungspflicht des HFR.