Simon Persenico, ehemaliger Assistenzarzt am Kantonsspital Graubünden in Chur, blickt in einem Leserbrief in der Zeitung «Südostschweiz» auf die Bedingungen zurück, unter denen er vor gut 50 Jahren seinen Dienst verrichtete. Die Arbeitszeiten und -bedingungen, die er beschreibt, stehen dabei im starken Kontrast zur heutigen Situation im Gesundheitswesen.
Der Dienst als Assistenzarzt war eine echte Herausforderung: Persenico erinnert sich an Schichten, die von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr am nächsten Morgen. Wochenenddienste gingen von Freitagabend bis Montagmorgen, ohne finanziellen oder zeitlichen Ausgleich.
In der Kinderklinik, in der der Arzt arbeitete, waren die Bedingungen besonders hart: Nur drei Ärzte teilten sich die Dienste, und wenn einer von ihnen in den Ferien oder im Militärdienst war, mussten die anderen die zusätzliche Arbeit übernehmen.
Zusätzliches Geld an das Rote Kreuz geschickt
Die Unterkünfte der Ärzteschaft waren spartanisch, ein umgebautes Badezimmer diente als Schlafstätte. Persenico berichtet von einer Schicht, in der er fast die ganze Woche im Spital verbrachte, ohne es zu verlassen. Die Präsenzzeit summierte sich auf unglaubliche 147 Stunden. Seine Frau besuchte ihn jeweils am Sonntag mit der kleinen Tochter und hoffte auf ein paar freie Stunden.
Nach Intervention des Bündner Assistenz- und Oberärzteverbandes wurden 10 Franken für einen Nachtdienst und 30 Franken für einen Wochenenddienst ohne zeitliche Kompensation entschädigt. «Dies veranlasste uns, die Beträge einzuziehen, dem Roten Kreuz zu schicken mit einem Brief an die Regierung, Almosen sollten diejenigen erhalten, die darauf angewiesen sind.»
«War eine gute Vorbereitung»
Der Blick in die Vergangenheit verdeutlicht den Wandel im Gesundheitswesen und erinnert daran, wie weit wir seither gekommen sind. Dennoch klagt der Arzt aus Trimmis in seinem Leserbrief zum Thema «Überzeiten im Gesundheitswesen» nicht. Persenico, Jahrgang 1938, schreibt, seine Erfahrungen hätten ihn geprägt. «Es war eine gute Vorbereitung auf meine spätere Tätigkeit im Bergell als alleiniger Tal- und Spitalarzt.»