In Deutschland denkt mehr als Viertel der angestellten Ärztinnen und Ärzte darüber nach, die Arbeit in der Patientenversorgung ganz aufzugeben; konkret liegt der Wert bei 28 Prozent.
Knapp die Hälfte (49 Prozent) fühlt sich häufig überlastet, 11 Prozent geben an, ständig über ihre Grenzen zu gehen. Auf der anderen Seite hält sich der Stress bei 38 Prozent «in Grenzen»; zwei Prozent empfinden bei ihrer Arbeit keinen Stress.
All dies besagt eine grosse Umfrage der Ärzteorganisation Marburger Bund, an der sich 9’600 Ärzte beteiligten; rund 90 Prozent der Befragten arbeiteten in Akutspitälern und Rehakliniiken, acht Prozent in ambulanten Einrichtungen.
Alle Unterlagen: Marburger Bund, «MB-Monitor 2024»: Hohe Belastung, unzureichende Personalausstattung und Zunahme an Gewalterfahrungen
Auf die Frage «Erwägen Sie, Ihre ärztliche Tätigkeit in der Patientenversorgung ganz aufzugeben?» antworten diesmal 28 Prozent mit «ja» und 56 Prozent mit «nein». Die letzte derartige Befragung des Marburger Bundes geschah 2022 – und damals hatten noch 25 Prozent einen Berufsausstieg in Erwägung gezogen.
«Die Krankenhäuser müssen die Bedingungen so gestalten, dass Höchstgrenzen eingehalten werden, flexible Arbeitszeitmodelle zur Anwendung kommen und auch ausreichend Kinderbetreuungsmöglichkeiten vorhanden sind», folgert Susanne Johna, Vorsitzende des Marburger Bundes, aus dem Ergebnis. «Und natürlich muss der Personalschlüssel so bemessen sein, dass nicht zwei die Arbeit von dreien machen.»
59 Prozent der Befragten im so genannten «MB-Monitor 2024» beurteilen die ärztliche Personalbesetzung in ihrer Einrichtung als «eher schlecht» oder «schlecht». 37 Prozent erachteten sie als «eher gut», fünf Prozent als «sehr gut».
«Und natürlich muss der Personalschlüssel so bemessen sein, dass nicht zwei die Arbeit von dreien machen.»
Auf der anderen Seite wird die Arbeit im Team zwischen Ärztinnen und Ärzten wie auch mit nicht-ärztlichen Teammitgliedern ganz überwiegend als «sehr gut» oder «eher gut» beurteilt (gesamthaft 86 Prozent).
Die Ausstiegs-Ideen gehen einher mit einer verbreiteten Unzufriedenheit über die Arbeitszeiten. «Zwischen der tatsächlichen Wochenarbeitszeit und dem gewünschten Arbeitszeitumfang pro Woche klafft eine grosse Lücke», heisst es im Bericht. Die in Vollzeit tätigen Ärztinnen und Ärzte arbeiten im Durchschnitt 55 Stunden pro Woche – inklusive aller Dienste und Überstunden; ein Fünftel (24 Prozent) ist laut eigenen Angaben regelmässig 60 Stunden und mehr im Dienst.
Auf der anderen Seite wünschen sich 91 Prozent eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden (nur neun Prozent der Befragten bevorzugen eine Wochenarbeitszeit von mehr als 48 Stunden). In einem weiteren Punkt ähnelt das Bild in Deutschland jenem in der Schweiz: Ein zu grosser Anteil der Arbeitszeit geht durch Bürokratie verloren – im Durchschnitt etwa drei Stunden pro Tag.
Und so wären rund zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) bereit oder interessiert, einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice zu erledigen (37 Prozent können sich das nicht vorstellen). Wer dazu bereit ist, würde bis zu einem Viertel der Arbeitszeit zuhause erledigen (60 Prozent). Ein Drittel der Befragten schätzt den Anteil der Arbeitszeit, der im Homeoffice stattfinden könnte, sogar auf 26 bis 50 Prozent.
Video-Auswertung des «MB-Monitor 2024» durch den Marburger Bund.