Die Pandemie hat Ärztinnen und Ärzte seelisch stark gefordert. Das wird nun auch aufgrund einer
Studie aus Deutschland sichtbar.
Hilflosigkeit gespürt
Fast ein Viertel der über 1100 befragten Ärztinnen und Ärzte litten wegen der Arbeit während der Pandemie an Depressionen oder Ängsten.
Das überraschte den Co-Studienautor, den Psychosomatiker Karl-Heinz Ladwig von der Technischen Universität München, doch sehr, wie er gegenüber der deutschen Gesundheitsplattform «Medscape» sagte.
Kein As mehr Ärmel
Der Grund für das Leiden der Ärzte: Viele Befragte glaubten, mit den Behandlungsschritten nicht mehr erfolgreich sein zu können. «Dabei hätte man bei ihnen das Gegenteil erwarten können: dass sie immer noch ein As im Ärmel haben. Ich fand es mutig von den teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten, darüber zu berichten, dass dem oft nicht so war», findet Ladwig.
Junge mehr betroffen
Wenn ein Arzt einen neuen Diabetesfall habe, dann wisse er genau, was er zu tun hat. «Das war bei Covid-19 anders. Unsere Befragung hat ergeben, dass geringe Berufserfahrung dazu beigetragen hat, sich hilflos zu fühlen», sagt Ladwig.
Vor allem junge Ärzte und Ärztinnen seien deshalb stark betroffen gewesen.
Schlaflos statt stabil
Es zeigte sich, dass die Hälfte der betroffenen Ärzte mit Schlafproblemen kämpfte. «Ärztinnen und Ärzte sind eigentlich von Haus aus emotional stabil, sonst könnten sie ihre Aufgaben gar nicht so erfüllen, wie sie es tun.»
Aber die Pandemie habe gezeigt, dass man auch in diesem Beruf in seelische Krisen geraten könne, wenn man so unvorbereitet nicht nur in seinem professionellen Handeln, sondern auch in seinen ethischen und moralischen Grundlagen in Grenzerfahrungen hineingerate.
Mehr Zeit fürs Reden
Damit Ärztinnen und Ärzte nicht unter die Räder zu kommen, brauche es mehr Kommunikation, findet Ladwig. In den Spitälern müsse zum Beispiel mehr Zeit bei der Übergabe geschaffen werden.
Mit einer zusätzlichen halben Stunde könnten sich die Beteiligten mehr austauschen über Schwierigkeiten und Probleme. Bei Praxisärzten sei dies häufig schwieriger – aber nicht minder notwendig, dass sie Distanz zum Praxisalltag gewinnen.
Ausblenden ist keine gute Lösung
Eine weniger gute Strategie sei es, dass Ärzte die Schicksale ihrer Patienten nicht mehr so nahe an sich herankommen lassen. Das sei nur für Notfallmediziner eine Lösung.
So könnten sie fokussiert an eine häufig lebensbedrohliche Situation herangehen und schnell richtig handeln. In allen anderen Behandlungssituationen sei dies aber anders, betont Ladwig.