Zwei angeklagte Ärzte schwänzten Gerichtstermin

Zwei Ärzte, die vor sieben Jahren im Spitalzentrum Biel einen Mann operiert haben, hätten gestern vor Gericht erscheinen sollen. Sie kamen nicht, wurden aber trotzdem verurteilt.

, 12. Februar 2019 um 14:04
image
  • spitalzentrum biel
  • gericht
  • ärzte
Ein Mann, der sich wegen einer Schrumpfniere in Biel operieren liess, ist seither querschnittgelähmt. Die beiden Ärzte, die ihn im Spitalzentrum Biel operiert haben, hätten deswegen gestern vor Gericht erscheinen sollen. Sie kamen nicht – und wurden trotzdem verurteilt, wie das «Bieler Tagblatt» gestern meldete.

Falsches Gefäss durchtrennt

Bei der Operation durchtrennten die Ärzte tragischerweise die Aorta statt die Nierenvene, was verhängnisvolle Folgen hatte. Wie es dazu kam? Die Operation konnte nicht auf dem geplanten Routineweg durchgeführt werden. Deshalb änderten die Ärzte ihre Strategie.
Im Verlauf der Operation sichteten sie ein Gefäss. Sie diskutierten darüber, ob es sich dabei um die Nierenvene oder die Nierenarterie handle. Die Mediziner kamen zum Schluss, dass es die Nierenvene sei und durchtrennen das Gefäss. Obwohl sie aufgrund des viel zu grossen Durchmessers und des Verlaufs des Gefässes hätten erkennen sollen, dass es die Aorta war.

Fahrlässige schwere Körperverletzung

Die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland warf den Ärzten fahrlässige schwere Körperverletzung vor. Und dafür verurteilte sie die Richterin gestern auch – und zwar in Abwesenheit der beiden Ärzte.
In Zusammenhang mit dem Nichterscheinen der Angeklagten dürfte es kein Zufall sein, dass der Fall demnächst verjährt, nämlich sieben Jahre nach der Operation vom 13. Februar 2012. Sollten sich die Ärzte und deren Anwälte auf eine Verzögerungstaktik eingelassen haben, war sie aber erfolglos: Obwohl es zu keiner Gerichtsverhandlung kam, fällte die Richterin ein Urteil – und zwar so, wie es der Staatsanwalt beantragt hatte.

Hohe Bussen

Der eine Arzt wird mit 48 600 Franken, bedingt auf eine Probezeit von zwei Jahren gebüsst. Hinzu kommt die Hälfte der Verfahrenskosten von 12 688 Franken. Auch der andere Arzt wurde schuldig gesprochen wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung. Er wurde mit 37 800 Franken bedingt auf eine Probezeit von zwei Jahren gebüsst. Auch er trägt die Hälfte der Verfahrenskosten.
Die Ärzte haben nun noch die Möglichkeit, beim Obergericht Beschwerde gegen dieses Urteil einzureichen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Zwei Aargauer Ärzte wegen Nazi-Vergleich verurteilt

Zwei ehemalige Kaderärzte des Kantonsspitals Aarau wurden wegen übler Nachrede gegenüber Javier Fandino verurteilt.

image

Die Digitalisierung von klinischen Studien: Fortschritte in der Medizintechnik auf dem Weg zu papierlosen Verfahren

Klinische Studien stellen aufgrund ihrer langwierigen Durchführung, der anspruchsvollen Teilnehmerrekrutierung und der hohen Verfahrenskosten den kostenintensivsten Bestandteil des Produktentwicklungsprozesses* dar.

image

Tod nach Geburt: Arzt vor Gericht

Ein Gynäkologe aus dem Kanton Waadt muss sich ab Montag wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.

image

Kann Digitalisierung gegen den Hausärztemangel helfen?

Auf der Suche nach Lösungen für den Ärztemangel in der Grundversorgung gehen Leistungserbringer neue Wege und nehmen die Digitalisierung selber in die Hand, um den Zugang und die Qualität zu verbessern.

image

Falsche Ärztin wollte von Deutschland in die Schweiz

Eine mutmassliche Betrügerin hat monatelang als Ärztin in einer Klinik nahe an der Schweizer Grenze gearbeitet. Sie hatte gefälschte Papiere und wollte einen Job in der Schweiz erschleichen.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und leiden dann unter dem «Hochstapler-Syndrom». Das ist ungesund für die Psyche.

Vom gleichen Autor

image

Die vier Möglichkeiten für eine neue Krankenversicherung

Die Krankenkassen erhöhen ihre Prämien nächstes Jahr vermutlich wieder massiv. Politiker schlagen deshalb neue Versicherungs-Modelle vor.

image

Experte widerspricht dem «Märchen» von den hohen Reserven

«Die Kassen schwimmen im Geld», schrieb der «K-Tipp». Versicherungsfachmann Felix Schneuwly ist anderer Meinung: Die Reserven seien gering.

image

Diese fünf Behandlungen sollten sich Spitäler sparen

Keine vorbeugenden Antibiotika und keine Schlafmittel-Rezepte für zuhause: Das sind zwei von fünf neuen Empfehlungen für Spital-Ärzte.