Die Stiftung Alterszentrum Region Bülach wird zur Vorreiterin in der Branche: Sie senkt die Wochenarbeitszeit von bisher 42 auf 38 Stunden; dies bei gleichem Lohn. Allerdings ist das eine langfristige Vorankündigung. Von der 38-Stunden-Woche profitieren können die rund 350 Mitarbeitenden erst ab Anfang des nächsten Jahres.
Alterszentrum erhofft sich Vorteil auf dem Arbeitsmarkt
Der Grund für die Reduktion ist der zunehmende Mangel an Personal. Deshalb wolle das Alterszentrum ein attraktiver Arbeitgeber sein, begründet Geschäftsleiter Nermin Daki die Neuerung. Die Mitarbeitenden sollen «genügend Zeit für das Auftanken des persönlichen Akkus» erhalten und mehr Zeit für Erholung, Familie und Freizeit zur Verfügung haben.
Das Alterszentrum will auch mit anderen Vorteilen bei Stellensuchenden punkten: Es bietet bis Ende Jahr für alle Angestellten während der Arbeit Gratis-Mahlzeiten. Getränke wie Wasser und Kaffee waren schon bisher kostenlos.
Neue Dienstpläne haben eine Pause weniger
Die neue Wochenarbeitszeit gilt für die Mitarbeitenden aller Standorte und für alle Funktionsstufen. Bis Ende Jahr werden die Abläufe und Dienstplänen entsprechend angepasst. Was schon klar ist: Ab nächstem Jahr werden die Mitarbeitenden nicht mehr zwei, sondern nur noch eine 15-minütige Pause pro Arbeitstag haben.
Das Alterszentrum Region Bülach ist einer der grösseren Arbeitgeber im Zürcher Unterland. Es bietet 170 Pflegeplätze und 66 Alterswohnungen an sechs verschiedenen Standorten.
Ziehen nun andere nach?
Bülach gehört zwar zu den Pionieren in Sachen Arbeitszeit, ist jedoch nicht der erste Betrieb, der eine so radikale Reduktion der Arbeitszeit verspricht. Das Spital Wetzikon der Gesundheitsversorgung Zürcher Oberland (GZO) hat die Arbeitszeit gleich um zehn Prozent reduziert, und bietet bereits ab Juni eine 37,8 Stunden-Woche, wie Medinside
hier berichtete.
Auch ein Berner Altersheim hat bereits
eine Reduktion angekündet: Die Stiftung Siloah in Gümligen will ab Juli die Arbeitszeit auf 40 Stunden und ab 2024 auf 38 Stunden senken.
Zu wenig flexibel für schnelle Senkungen?
Weitere Spitäler und Heime müssten jetzt dringend nachziehen, wenn sie bei der Attraktivität für Stellensuchende nicht arg ins Hintertreffen geraten wollen. Das könnte man zumindest meinen. Doch derzeit zeichnet sich kein grosser Umbruch bei den Arbeitszeiten in der Pflege ab.
Ein Grund dafür dürfte sein, dass viele Spitäler und Heime den Kantonen gehören und dem jeweiligen kantonalen Personalrecht unterstellt sind. Für eine Änderung der Wochenarbeitszeit bräuchte es längere politische Prozesse.
Schnell reagieren können Stiftungen
Bezeichnend ist, dass die Vorreiter bei der Arbeitszeitreduktion zwei Stiftungen – nämlich in Bülach und im Siloah – sowie ein Gemeindeverband, wie im Fall des Spitals Wetzikon, sind.