«Wir wollen eine Spezialklinik für Epilepsie und Neurorehabilitation bleiben»

Thomas Straubhaar verlässt nach drei Jahren als Direktor die Klinik Lengg. Im Interview erklärt er, weshalb es für eine Spezialklinik schwierig ist, kostendeckend zu wirtschaften – trotz überdurchschnittlicher Baserate.

, 7. April 2017 um 04:00
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Herr Straubhaar, rentiert die Klinik Lengg?Es ist generell schwierig, Spezialkliniken kostendeckend respektive gewinnbringend zu betreiben, wenn nichtinvasive Bereiche angeboten werden. Da man nur in einem speziellen medizinischen Segment tätig ist, in unserem Fall in der Epilepsie, sind wir grösseren Schwankungen beim Casemix-Index unterworfen. Das wird von den Krankenversicherern nicht immer verstanden.
Sie haben die Frage nicht beantwortet.Sie ist auch nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten. Je nach der DRG-Bewertung der Leistungen und der ausgehandelten Baserate ist es möglich.
Mit 11’600 Franken ist die Baserate für das laufende Jahr rekordverdächtig hoch. Wir haben nur fünf DRG-Positionen. Insider wissen, was das bedeutet. Die DRG-Gewichtung wird von Jahr zu Jahr angepasst. Das Risiko, dass das addierte Kostengewicht, der Casemix, von einem Jahr zum andern markant sinkt, ist bei nur fünf DRG-Positionen ungleich grössser als in einem Akutspital mit 100 bis 200 DRG-Positionen. Bei so wenig Positionen gibt es keine Kompensationsmöglichkeiten.
Aber auch ungleich grösser, dass es markant steigt, oder?Ja, selbstverständlich. Damit sinkt dann die Baserate, was in der Regel bei Verhandlungen keine Probleme schafft. 
Das müssten eigentlich die Krankenkassen begreifen, oder?Vielen Krankenversicherern sind diese Zusammenhänge bewusst. Für einzelne Versicherer ist leider die nominale Höhe der Baserate massgebend und nicht die Mechanismen. Bei tieferem CMI und höherer Baserate bleibt die zu begleichende Gesamtsumme unverändert.
Die Klinik Lengg ist in rund zwölf Kantonen auf der Liste. Würde es etwas bringen, wenn die Epi-Klinik noch bei anderen Kantonen auf der Spitalliste wäre?
Nein. Ausser Bern schicken sowieso fast alle Deutschschweizer Kantone ihre komplexen Epilepsie-Kranken zu uns, weil sie keine entsprechende Behandlungen anbieten können. Und sie bezahlen dann die bei uns gültige Baserate. 
Was ist mit Bern?Sie verweisen die Epileptiker nach Tschugg ins Berner Seeland oder ins Inselspital.
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    Thomas Straubhaar

    Vor drei Jahren entstand mit der Klinik Lengg in Zürich ein neues Kompetenzzentrum für Neurologie entstanden. Sie setzt sich zusammen aus der Epi-Klinik, dem Zürcher RehaZentrum Lengg und dem Zentrum für ambulante Rehabilitation. Im Sommer verlässt Direktor Thomas Straubhaar die Epi-Klinik und übernimmt die Geschäftsleistung der Klinik Siloah in Gümligen bei Bern.

Besteht nicht die Möglichkeit, neben Epilepsie noch andere Erkrankungen zu behandeln, um mit zusätzlichen DRG-Positionen die Preisschwankungen zu glätten?Das widerspräche dem Leistungsauftrag des Kantons. Ich sehe auch nicht, wie wir mit unseren 70 Betten und der bestehenden Infrastruktur noch andere Erkrankungen behandeln könnten. Wir wollen eine Spezialklinik für Epilepsie und Neurorehabilitation bleiben.
Die Klinik Lengg betreibt auch das Zentrum für ambulante Rehabilitation. Gibts da eine Art Quersubventionierung?Die Tarife der therapeutischen Leistungen sind längst nicht mehr kostendeckend. Zudem können bei anspruchsvollen neurologischen Patienten die Behandlungszeiten nicht verkürzt werden. Die Patienten benötigen aufgrund ihrer Behinderungen mehr Zeit, um überhaupt mit den Übungen beginnen zu können. Das ambulante Angebot ist aber ein wichtiger, immer wichtiger werdender Teil des Angebotes.
Falls das Geld nicht reicht, gibt es ja noch die Schweizerische Epilepsie-Stiftung.Es ist definitiv nicht Aufgabe der Epi-Stiftung, allfällige Löcher in der Betriebsrechnung der Klink Lengg zu stopfen. 
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