Gemäss dem Patientinnen- und Patientengesetz des Kantons Zürich sind Patientendaten Eigentum der Institution. Auf Wunsch wird Patienten Einblick in die Dokumentation gewährt. Und: «Für die Abgabe von Kopien aus Patientendokumentationen wird eine kostendeckende Gebühr verlangt», steht in Artikel 19 zu lesen.
Diese Gesetzesbestimmung ist im Zusammenhang mit dem Paracelsus-Spital im zürcherischen Richterswil interessant. Das Spital ist konkurs gegangen. Gemäss einem Bericht im «Kassensturz» verlangten nun Patientinnen die Herausgabe ihrer Akten. Gemäss dem genannten Gesetzesartikel erhalten sie die Akten aber nicht gratis.
Widerspruch im Gesetz
Nun gibt es im Kanton Zürich auch ein Gesetz über die Information und den Datenschutz (IDG). Dort steht ebenfalls, dass das öffentliche Organ für die Bearbeitung von Gesuchen Privater eine Gebühr verlangt. Im gleichen Gesetzesartikel steht aber auch: «Keine Gebühr wird erhoben für die Bearbeitung von Gesuchen, welche die eigenen Personendaten betreffen».
Was jetzt? Gilt das IDG oder das Patientinnen- und Patientengesetz? Denn es gibt da noch ein anderes Problem: In der «Kassensturz-Sendung» hiess es, die Akten seien verschwunden. Das ist nicht ganz richtig.
Das Problem war lediglich, dass die rund 20'000 Akten nicht mehr den Patienten zugeordnet werden konnten. Und zwar deshalb, weil die Patientenidentifikationsnummern, bekannt als PID, bei der Digitalisierung und beim Übergang im Konkursverfahren umgestellt wurden. Dieses Problem wurde mittlerweile gelöst.
Patientendossiers standen unter Gülle
Und dann gab es noch ein zweites Problem, wie
hier zu lesen stand: 2017 geriet ein Teil des Archivs nach einem Unwetter unter Wasser. Man könnte auch sagen unter Gülle. Dies jedenfalls liess der Geruch vermuten. Die beschädigten Akten liegen nun in Uetendorf bei der Firma Docusave. Sie mussten dort gefriergetrocknet werden, damit sie sich nicht zersetzen.
Wer nun sein Patientendossier haben will, muss dem Konkursamt eine Vollmacht erteilen, damit die Akten ausgehändigt werden können. Laut Andreas Bantel, der die Konkursverwaltung gegen aussen vertritt, sind bisher 513 Anfragen von Patienten eingegangen, die ihre Akten haben möchten. 352 haben das Formular mit der entsprechenden Vollmacht retourniert. 331 Fälle sind erledigt; in 20 Fällen ist noch nicht klar, wo die Unterlagen liegen, in einem einzigen Fall blieben die Unterlagen bisher unauffindbar.
Die ausgehändigten Patientenakten stammen aus Spitalaufenthalten nach 2017, ebenfalls ein kleiner Teil der Akten aus den früheren Jahren, da diese vom Unwetter nicht betroffen waren. Was aber, wenn jemand seine Akten haben will, die wegen des Unwetters unter Gülle standen? Diese Akten müssten Seite für Seite dekontaminiert werden, was wiederum Kosten verursacht.
Müssen Patienten für die Herausgabe ihrer Akten bezahlen?
Gemäss dem Patientinnen- und Patientengesetz müssten die Kosten vom Patienten getragen werden; aber gemäss dem IDG vom Spital beziehungsweise von der Konkursmasse. Was jetzt?
«Wir stehen diesbezüglich in Kontakt mit der Gesundheitsdirektion», sagt Andreas Bantel. Die Konkursverwaltung geht aber davon aus, dass die Regelung des Patientinnen- und Patientengesetzes in dieser Frage vorgeht, weil es sich hier ja konkret um Fragen von Patienten handelt, wie Bantel erklärt. Die Konkursverwaltung habe die Aufgabe, die Gläubiger soweit wie möglich zu befriedigen. Wird nun die Dekontaminierung aus der Konkursmasse finanziert, geschehe dies letztlich zulasten der Gläubiger.
Will also ein ehemaliger Patient des Paracelsus-Spitals seine Akten herausbekommen, die von Docusave dekontaminiert und lesbar gemacht werden müssen, muss wohl der Patient, die Patientin, in die Tasche langen. Wie tief genau, ist noch offen.