Wer bezahlt eigentlich den Spitalpfarrer?

Die Schweiz wäre nicht die Schweiz, wenn die Entlöhnung der Spitalseelsorger von Kanton zu Kanton identisch wäre. Im Kanton Bern bezahlt das Spital den Pfarrerlohn; in Zürich die Landeskirche; in Graubünden beide.

, 28. Februar 2020 um 23:00
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Rund drei Millionen Franken zahlen die beiden Landeskirchen im Kanton Aargau für die Spitalseelsorge. So können 30 theologisch und psychologisch ausgebildete Seelsorger in 25 kantonalen und überregionalen Institutionen ihre Dienste anbieten.
Auch in den Kantonen Basel-Stadt, Zürich und Zug sind die reformierten Seelsorger von der reformierten Kirche und die katholischen bei der katholischen Kirche angestellt. In Zürich, wo auch juristische Personen Kirchensteuer bezahlen müssen, werden die Spitalseelsorger mit eben dieser Steuer plus einem Kantonsbeitrag finanziert.
Das gilt zum Teil auch für Basel-Landschaft. Wobei dort die Seelsorger nicht nur mit der Kirchensteuer privater und juristischer Personen finanziert werden, sondern zusätzlich auch mit einem Kantonsbeitrag.
Ganz anders im Kanton Bern: Um auf die Spitalliste zu kommen, müssen Spitäler eine Seelsorge anbieten. So will es das Spitalversorgungsgesetz. Seelsorge gehört zum Leistungsauftrag. Am Inselspital und dem dazu gehörenden Tiefenauspital sind 15 Seelsorgerinnen und Seelsorger tätig. Sie teilen sich 7,15 Vollzeitstellen. Sie rapportieren der Leiterin Stab Direktion. Die Seelsorge ist somit im Direktionspräsidium angesiedelt.
An den zur Insel-Gruppe gehörenden vier Landspitäler in Belp, Riggisberg, Aarberg und Münsingen wirken die Seelsorger der entsprechenden Kirchgemeinden. Sie sind den entsprechenden Kirchgemeinden unterstellt.
Eine Mischform gibt es im Kanton Graubünden: In der Ferienecke der Schweiz - so ein alter Werbeslogan - zahlen die Landeskirchen nur drei Viertel an den Lohn der Spitalseelsorger, ein Viertel geht zulasten des Spitals.
Nochmals anders die Verhältnisse am Kantonsspital St. Gallen (KSSG), wo die vier katholischen Seelsorger mit ihren 300 Stellenprozenten beim Spital und die drei evangelischen Spitalseelsorger/innen mit ihren 200 Stellenprozenten bei er evangelischen Landeskirche angestellt sind. Dabei übernimmt aber das KSSG die Lohnkosten auch der reformierten Seelsorger.
Ähnlich, aber nicht ganz gleich, verhält es sich in der Spitalregion Fürstenland Toggenburg. Sie entschädigt die beiden Kirchen für die Leistungen der Spitalseelsorger. Die katholischen Seelsorger sind aber – im Unterschied zum Kantonsspital – nicht beim Spital angestellt.
Ähnlich wie in St. Gallen sind die Spitäler in Freiburg organisiert. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Kanton und den anerkannten Kirchen bleiben die Seelsorger, die am Spital tätig sind, bei den jeweiligen Kirchgemeinden angestellt. Die Entlöhnung übernimmt aber das Spital.
Lesen Sie auch das Interview mit Axel Fabian, Spitalseelsorger im Kantonsspital Winterthur - hier. 
Im Kanton Solothurn ist die Spitalseelsorge in den Spitälern fest integriert. Die Anstellungsbehörde setzt sich aus Mitgliedern aller beteiligten Institutionen zusammen, sprich römisch-katholische, evangelisch-reformierte und christkatholische Kirche sowie der Solothurner Spitäler. Die Kosten werden nach einem Verteilschlüssel von den genannten Institutionen übernommen.
Die beiden Seelsorger in Obwalden sind mit 130 Stellenprozenten beim Kantonsspital in Sarnen angestellt und werden auch vom Kantonsspital bezahlt. Die beiden Seelsorger sind gleichzeitig auch am Kantonsspital Nidwalden tätig, welches das Kantonsspital Obwalden dafür entschädigt. Der Kanton und zu einem geringen Teil auch die katholische Landeskirche leisten einen Beitrag zur Finanzierung der Seelsorge.
Im Kantonsspital Uri hat ein katholischer Priester ein 20-Prozent-Pensum inne. Er ist Angestellter beim Spital, das auch seinen Lohn bezahlt. Eine zweite katholische Seelsorgerin ist bei einem Seelsorgeraum angestellt. Die Kosten für ihr 40-Prozent-Pensum werden vom Spital bezahlt. Darüberhinaus machen die evangelischen und katholischen Priester der verschiedenen Kirchgemeinden Spitalbesuche.
In Schaffhausen sind die Spitalseelsorger Angestellte ihrer Kirchen, wie etwa in Zug oder Zürich. Die finanziellen Mittel der öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen stammen einerseits aus den Kirchensteuern, die von den Mitgliedern an die Kirchgemeinden bezahlt werden, andererseits aus einem Staatsbeitrag des Kantons Schaffhausen. Juristische Personen bezahlen im Kanton Schaffhausen, anders als etwa in Zürich, keine Kirchensteuern.
In Luzern sind die Seelsorger beim Luzerner Kantonsspital mit seinen drei Standorten Luzern, Sursee und Wolhusen sowie bei der Luzerner Psychiatrie in St.Urban vom Kanton bezahlt und personalrechtlich auch ihm unterstellt. Ganz speziell verhält es sich beim Schweizer Paraplegiker Zentrum (SPZ) in Nottwil: Der katholische Seelsorger wird vom SPZ bezahlt; der reformierte von der Landeskirche. 
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