Weniger Overhead-Kosten, solide Qualität

Wer soll die ambulanten Kosten übernehmen – Staat oder Versicherer? Wie lässt sich das Verhältnis von stationären und ambulanten Eingriffen optimieren? Es gäbe ein Vorbild für die Schweiz. Ein Beitrag zur Debatte von Hans-Ulrich Iselin.

, 13. Juli 2017 um 09:38
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Niemand wagt es auszusprechen, doch es ist längst Realität: Seit dem Inkrafttreten des KVG vor nunmehr einer Generation hat die systematische Einschränkung der unternehmerischen Handlungsfreiheit der in der ambulanten Versorgung tätigen Ärzte laufend zugenommen. Das führte zur tiefen Spaltung der Ärzteschaft in ambulante Grundversorger und Spezialisten.
Die Grundversorger haben sich inzwischen über einen Verfassungsartikel den Status einer geschützten Species rara gesichert, vergleichbar mit dem Status der Landwirte in der Zeit vor der WTO. Die operativ tätigen Spezialisten haben ihr Heil in der Belegarzttätigkeit im stationären Bereich gesucht, wo Honorare aus Zusatzversicherungen anders als in der ambulanten Praxis noch möglich sind. Und nichtoperative Spezialisten mit Grundversorgungsaufgaben wie Pädiater und Psychiater fallen zwischen alle Stühle.
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    Der Autor

    Hans-Ulrich Iselin ist selbstständiger Berater im Bereich interprofessionelle Kommunikation. Der Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe arbeitete zuvor unter anderem als Chefarzt und Konsiliararzt am Gesundheitszentrum Fricktal. Von 2009 bis 2016 präsidierte Hans-Ulrich Iselin den Aargauischen Ärzteverband.

Wenn nun versucht wird, die ambulante Leistungserbringung an Spitälern direkt mit Beiträgen der öffentlichen Hand zu unterstützen, verschafft man den Spitalunternehmen Wettbewerbsvorteile und nimmt den ausserhalb davon tätigen Ärzten definitiv die letzte Motivation zu selbständiger Tätigkeit. Aber jeder unselbständig tätige Arzt verteuert die Leistungserbringung, und je grösser die Spital-Unternehmung ist, an der er tätig ist, umso höher werden die Overhead-Costs seiner Aktivität.

Kantonale Gesundheits-Kolchosen

Dass die Kantone, die bereits bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit in der Finanzierung ihrer Spitäler engagiert sind, keine einhellige Begeisterung für dieses Szenario zeigen, sollte eigentlich leicht zu verstehen sein. Es würde die Spitäler letztlich zu kantonalen Gesundheits-Kolchosen machen.
Dabei ist es keineswegs in Stein gemeisselt, dass jeder angestellte Arzt die Kosten steigert – sondern dies gilt ganz spezifisch für die Schweiz, deren Gesundheitswesen von Bund und Kantonen wie von Privaten kartellartig ausgestaltet wurde. Ein vom Staat wie von den Versicherern unabhängiger Not-for-Profit-Provider vertikal integrierter Gesundheitsleistungen kann nicht nur die Overhead-Kosten drastisch reduzieren, sondern auch die Personalressourcen besser einsetzen. Dies hat beispielsweise die Kaiser Permanente in den USA mit über 10 Millionen Kunden gezeigt. Die Qualität ihres Angebots bleibt hoch, es ist intern konsistent und reicht von der Spitex bis zur Lebertransplantation.

Viel «Nice to Have»

Kaiser Permanente versorgt die 10,6 Millionen (freiwilligen!) Kunden mit knapp 18’000 Ärzten und knapp 50,000 Nurses. Überdies bietet das System den Kunden einen Broker-Service für optimierten individuellen Versicherungsschutz im Dschungel von Obama Care und Trumpschen Abbau-Aktionen.
Die Schweiz mit ihren 8.4 Millionen Zwangskunden schneidet hier im Zahlenvergleich nicht gut ab. Und bei der Qualität? Na ja, wir haben viel «Nice to Have» – und das «Need to Have» gerät dabei leicht in Vergessenheit.
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