Wegen Zulassungsstopp: Ärztezentrum schliesst

Das Monvia Gesundheitszentrum im aargauischen Muri fand keine Mediziner mehr. Rund 4500 Patienten verlieren damit ihren Hausarzt.

, 18. September 2017 um 08:50
image
  • praxis
  • ärztestopp
  • ärztezentren
  • monvia
  • kanton aargau
Das Monvia Gesundheitszentrum in Muri wird Ende Dezember geschlossen. Als Grund nennt die Gruppe den neuen Zulassungsstopp für Mediziner: Er verunmögliche die Anstellung von Ärzten. Für die Mitarbeitenden werden interne Nachfolgelösungen bei Monvia gesucht; derzeit beschäftigt die Gruppe in Muri fünf Ärzte und sechs MPA.
Im Hintergrund steht ein Beschluss der Aargauer Kantonsregierung vom März: Wer seine Medizinausbildung nicht in der Schweiz absolviert hat oder mindestens drei Jahre lang hier als Arzt an einer anerkannten Weiterbildungsstätte war, erhält keine Zulassung mehr zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.

Keine Ausnahmebewilligung

Die kantonale Gesundheitsdirektion erklärte den Schritt primär mit Qualitäts-Argumenten: Die Erfahrungen der letzten Jahre hätten gezeigt, dass bei ausländischen Ärzten ein «Qualitäts- und Erfahrungsproblem bestehen kann», wenn sie direkt einreisen beziehungsweise ohne Kenntnis der hiesigen Verhältnisse eine Praxis eröffnen. Aber allgemein bekannt ist auch, dass der Ärztestopps zuerst einmal als Idee zur Kostensteuerung gilt.
Der Kanton beschloss dabei, auch Hausärzten keine regionale Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Damit sei es unmöglich geworden, im Freiamt Ärzte einzustellen, so die Erfahrung der Monvia-Leitung. Man habe viel in die Suche von geeigneten Ärzten – ohne Erfolg.
Die Monvia Gesundheitszentren bieten medizinische Grundversorgung an neun Standorten in der Deutschschweiz: Bern, Hochdorf, Inwil, Luzern, Muri, Oberentfelden, Olten, Wallisellen und Winterthur. Sie sind eine Tochtergesellschaft der Concordia.
Neben der Hausarztmedizin werden die Fachgebiete Kinderheilkunde, Gynäkologie und Psychiatrie angeboten. Insgesamt beschäftigt Monvia über 170 Mitarbeitende.
Erschwerend komme das System des ärztlichen Notfalldienstes hinzu, der im Freiamt auch für Nicht-Hausärzte gilt. Hier hätten die Entscheidungsträger Konzepte und Vorschläge zur Anpassung der Dienstsituation oder Ausnahmeregelungen kategorisch abgelehnt.
Monvia bietet den Patientinnen und Patienten an, in den Gesundheitszentren in Hochdorf und Oberentfelden weiterbehandelt zu werden. «Die übrigen acht Monvia Gesundheitszentren sind von diesem Entscheid nicht betroffen, da diese Standorte von besseren politischen Rahmenbedingungen profitieren», so die Mitteilung der Concordia-Tochter weiter.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Hohe Nachfrage nach Online-Terminen im Gesundheitswesen

Online-Terminbuchungen sind in der Schweiz auf dem Vormarsch. Zu den Top 3 im ersten Halbjahr 2023 gehören auch Arzttermine.

image

ChatGPT beantwortet Patientenfragen genauso gut wie Augenärzte

Die Ophthalmologie könnte zu den Fachgebieten gehören, die durch Künstliche Intelligenz besonders viel neuen Schub bekommen.

image

Zwei Gemeinden bauen Gemeinschaftspraxis

Die Thurgauer Ortschaften Erlen und Sulgen investieren 2 Millionen in eine Praxis über dem Migros-Supermarkt – und suchen jetzt schon die Ärzte dafür.

image

Arztpraxen: Online-Terminbuchung wird zum 'Must'

Eine Umfrage in Deutschland zeigt, dass Buchungs-Plattformen auch in der Medizin langsam zum Normalfall werden. Eine Mehrheit erwartet, dass ihre Praxis solche Möglichkeiten anbietet.

image

So werden Ärzte und Ärztinnen umweltbewusster

Keine PET-Flaschen oder mehr Steckerleisten mit Kippschalter: Zwei von rund 70 Beispielen, wie Arztpraxen umweltverträglicher werden.

image

«Ärzte neigen dazu, die Patienten frühzeitig zu unterbrechen»

Eine schlechte Arzt-Patienten-Kommunikation ist für 30 Prozent der medizinischen Komplikationen verantwortlich. Der Allgemeinmediziner Michael Deppeler sieht Verbesserungspotential bereits im Studium.

Vom gleichen Autor

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.